Seit August kickt der Mittelfeldspieler am Collage
Neue Heimat Boca Raton/Florida
Boca Raton im Bundesstaat Florida dürfte nur wenigen Personen geläufig sein. Knapp 100.000 Einwohner zählt die etwa 70 Kilometer nördlich von Miami gelegene Stadt. Wer etwas Bezug oder Interesse zum amerikanischen College-Sport hat, dem sagt eventuell die in Boca Raton ansässige Lynn University etwas. Die „Fighting Knights“ sind in der Division II des amerikanischen Verbandes NCAA eingegliedert und haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Titel im Basketball, Baseball, Tennis, Schwimmen, Golf oder auch Lacrosse errungen.
Seit August in Übersee
Seit dem „Fall Semester“, das immer den Zeitraum von August bis Dezember abdeckt, ist auch Roman Hartleb Teil des renommierten Programmes im Sunshine State. Der Spieler des TSV Abtswind kombiniert an der Lynn University aktuell seinen Master-Abschluss (MBA mit Spezialisierung in Leadership & Management) mit Fußball auf gehobenen Niveau. Bis einschließlich Spieltag fünf kam der gebürtige Waldbüttelbrunner noch für den TSV Abtswind in der Bayernliga zum Einsatz, dann zog es ihn nach Übersee.
„Es war leicht, sich für Lynn zu entscheiden“
Seinen Weg dorthin fand Hartleb über eine Agentur, die Spieler an amerikanische Colleges vermittelt. Dort hatte der inzwischen 24-jährige ein Profil mit Highlight-Videos angelegt, wodurch diverse Universitäten und Coaches auf den flexibel einsetzbaren Angreifer aufmerksam wurden. Letztlich entschied sich Hartleb für die Lynn University, da sich hier „fußballerisches Niveau, eine schöne Location und ein guter Coach“ vereinen lassen würden.
Zudem trifft der ehemalige Juniorenspieler des 1. FC Nürnbergs im Norden von Miami auf einen früheren Weggefährten: Auch Ali Koller, mit dem Hartleb schon in Abtswind und bei den Würzburger Kickers zusammengespielt hat, ist am selben College.
Mit dem Gedanken, sich in den Vereinigten Staaten zu versuchen, spielte der Wirtschaftsingenieurwesen-Student schon längere Zeit: „Es war sehr lange in meinem Kopf. Ich hatte schon überlegt, ein Jahr früher zu gehen.“ Allerdings legte Hartleb sein Profil bei der Vermittlungsagentur etwas zu spät an und erhielt daher nicht ganz die gewünschten Offerten.
Warum aber wollte gesetzte Bayernliga-Spieler es überhaupt im Ausland versuchen? „Ich wollte ein bisschen was von der Welt sehen und mich fußballerisch weiterentwickeln. Ich kann ein bisschen den Traum leben, jeden Tag ins Gym gehen, Fußball spielen und die Uni erledigen. Die Verbindung zwischen Universität und Fußball gibt es in dieser Art in Deutschland nicht so. Hier ist es perfekt aufeinander abgestimmt“, so Hartleb, der ein Vollstipendium erhalten hat und direkt auf dem Campus wohnt.
Wiedersehen mit Ali Koller
Der Fußball im Land der unbegrenzten Möglichkeiten unterscheide sich doch recht deutlich von dem in seinem Heimatland, berichtet der Mittfeldspieler – weniger von Taktik geprägt, dafür mehr Fokus auf Physis und Speed. Eine Umstellung, die dem feinen Techniker durchaus zu Gute kommt. Am meisten Fortschritte habe er aber im körperlichem Bereich gemacht, erzählt Hartleb.
Sollte er das Auslandsstudium aus irgendwelchen Gründen auch immer abbrechen wollen, sei dies jederzeit möglich. Die zum Abschluss fehlenden Kurse könne der angehende Akademiker von Deutschland aus online besuchen und somit dennoch sein Studium erfolgreich beenden.
Daran verschwendet Hartleb, der einer von mehreren Deutschen im Team der Fighting Knights ist, keinen Gedanken. Aktuell befindet er sich im Frühlingssemester, das bis einschließlich April andauert, ein weiteres Herbstsemester plant Hartleb dranzuhängen. „Stand heute ist geplant, dass ich eine weitere Saison hier spielen wäre. Das wäre nochmal von August bis Dezember.“ Auf seine Freunde und seine Familie muss der Basketballfan, der schon mehrere Spiele der Miami Heat live in der Arena verfolgt hat, nicht verzichten. Hartleb kam über die Weihnachtsferien nach Hause und wird auch in der studienfreien Zeit von Mai bis Juli nach Deutschland zurückkehren.
Abtswinder Erfolgslauf überrascht nicht
Darüberhinaus besuchten ihn unter anderem ein paar Abtswinder Teamkollegen in Südosten der USA und besichtigten mit dem Auswanderer die Everglades und die Florida Keys. „Meine Erfahrungen und Erlebnisse hier mit meinen Freunden zu teilen, ist schon cool. Aber man muss schon ein bisschen schauen, wie man es unter einen Hut bekommt. Für mich ist es hier ja nicht einfach nur Urlaub, ich habe auch Verpflichtungen. Ich versuche aber immer bestmöglich den Tour-Guide zu spielen, dass die Leute das Beste von ihrer Zeit hier haben. Ich freue mich immer sehr, wenn Freunde kommen. Manchmal vermisst man sie schon, auch wenn es mir ansonsten gut geht“, so Hartleb, der seine Kumpels auch über sein Instagram-Profil auf dem Laufendem hält.
Was bei seinem Klub, dem TSV Abtswind, vor sich geht, verfolgt Hartleb aus der Ferne weiter und hält auch zu den Mannschaftskameraden den Kontakt aufrecht. Dass die Grün-Weißen aktuell Rang fünf einnehmen, kommt für ihn nicht überraschend: „Ich bin mega-stolz. Sie spielen zur Zeit richtig gut. Eigentlich habe ich das auch nicht anders erwartet. Als ich am Saisonanfang noch mitgespielt habe, hat sich gezeigt, dass der Kader sehr, sehr gut ist. Auch neben dem Platz versteht sich die Truppe super. Ich glaube, dieser Teamgeist und die Chemie spiegeln sich auf dem Platz wider.“
Für das Saisonfinale könnte der 24-jährige dem TSV sogar wieder zur Verfügung stehen. Dann könnte man sich im Westen des Steigerwaldes live ein Bild davon machen, wie sehr sich Roman Hartleb während den Monaten in knapp 8.000 Kilometern Entfernung verbessert hat.
Lukas Hörlin