Drei Zähler sorgen bei Mannschaft und Fans für ein Sättigungsgefühl
FC Coburg – TSV Abtswind 0:1 (0:1)
Es kann nicht immer ein 8:1 sein. Es gibt beim TSV Abtswind auch Tage, an denen nicht alles von alleine läuft und Tore in Fülle fallen. Der Montagsausflug zum FC Coburg nötigte der Elf von Petr Skarabela einen Kraftakt ab, an dessen Ende ein Arbeitssieg stand. Als Gewinner des Doppelspieltags durfte man sich in jedem Fall fühlen. Jahn Forchheim, der große Konkurrent, verlor am verlängerten Wochenende beide Partien und die Tabellenführung.
Was hatten Christoph Mix und Roland Koos für Befürchtungen gehabt! Als der Bayerische Fußball-Verband im Sommer den Ligaspielplan veröffentlichte, entdeckten die zwei Macher des TSV Abtswind einen kritischen Termin: Für den 3. Oktober war ein Auswärtsspiel angesetzt, und dann auch noch weit entfernt in Coburg. Das ging gar nicht. Denn: Die Kirchweih am ersten Oktober-Wochenende ist den Leuten im Kräuterdorf heilig. Welcher einheimische Zuschauer würde, so die Überlegung von Manager Mix und Reiseleiter Koos, der den Fanbus koordiniert, die Mannschaft in die Ferne begleiten? Nun ist es so, dass der Verband seinen Vereinen einen Terminwunsch pro Saison erfüllt. Und der lautet beim TSV Abtswind traditionell: Heimspiel an der Kirchweih. Weil nun aber ein Doppelspieltag anstand, gab es ein Problem, das sich nicht beseitigen ließ. Weder wollte der BFV einen zweiten Wunsch erfüllen, noch ließ sich der FC Coburg auf den Tausch des Heimrechts ein. Das Abtswinder Auswärtsspiel blieb im Kalender stehen.
Die Sorgen von Christoph Mix und Roland Koos erwiesen sich spätestens dann als unbegründet, als sie am frühen Montagnachmittag all die Leute sahen, die in den Fanbus Richtung Coburg stiegen. Als Koos durchzählte, stellte er fest, dass sämtliche Plätze belegt waren, insgesamt 56. Dass die Anhänger so zahlreich kamen, dürfte auch in direktem Zusammenhang zu den jüngsten Ergebnissen gestanden haben: Die Mannschaft hatte zwei Tage zuvor beim rauschenden 8:1-Erfolg über Eintracht Bamberg reichlich Werbung für sich gemacht. Das machte Lust auf mehr und hatte in manchem den Entschluss reifen lassen, statt Kirchweih einen weiteren Sieg mit dem Team zu feiern. „Wir können nicht immer fünf, sechs Tore schießen, auch wenn das mittlerweile jeder erwartet“, sagte Abtswinds Trainer Petr Skarabela, nachdem seiner Elf gegen Coburg nur ein Treffer gelungen war. Trotzdem fuhren die Fans nicht enttäuscht nach Hause. Ihre Lieblinge hatten mit dem Dreier einen weiteren Schritt in der Tabelle nach vorne gemacht. Fünf Tage vor dem mit Spannung erwarteten Aufeinandertreffen ist Abtswind bereits mit Jahn Forchheim nach Punkten gleichgezogen.
Gleichwohl war der Auftritt in Coburg ein hartes Stück Arbeit. „Ich habe von Beginn an gespürt, dass bei uns der Ball anders gelaufen ist als am Samstag und die Kombinationen nicht perfekt waren“, sagte Mittelfeldspieler Jonas Wirth, dem nach dem verlängerten Wochenende wie den meisten Kollegen 180 Minuten in den Knochen steckten. „Die Erholung war zu kurz. Die Jungs haben auf die Zähne gebissen. Mancher hatte zum Schluss leichte Probleme“, stellte Petr Skarabela fest. Zwei Veränderungen hatte er im Vergleich zum Spiel gegen Bamberg vorgenommen: Für Frank Hartlehnert war Jona Riedel in die Startaufstellung gerückt. Im Sturm ersetzte Jörg Otto den leicht angeschlagenen Steffen Barthel. „In dem erwartet kampfbetonten Spiel wollte ich ihm eine kleine Auszeit geben, damit er gegen Forchheim wieder vollkommen fit ist“, erklärte Skarabela. „Außerdem soll jeder zum Zug kommen.“ In der Abwehr verteidigte Przemyslaw Szuszkiewicz zum zweiten Mal in Folge innen statt außen und brachte dort seine Qualitäten deutlich besser zur Geltung. „Auch wenn er selbst das anders sieht, ist er in der Mitte mit seinem linken Fuß, seiner Kopfballstärke und seiner Übersicht besser aufgehoben“, sagte der Trainer.
Über eine halbe Stunde dauerte es, bis Abtswind den ersten vernünftigen Angriff einleitete. Bis dahin war vieles Stückwerk gewesen und hatte den Gegner zu Abschlüssen animiert. In der 34. Minute aber eroberte Carl Murphy den Ball auf der linken Seite, drängte bis zur Grundlinie und bediente mit seiner Flanke Thilo Wilke. Der ließ sich nicht zweimal bitten und nutzte den Freiraum mit einem Direktschuss zur 1:0-Führung, seinem siebten Saisontor. Während Durchgang eins abgesehen davon zum Vergessen war, wurde Abtswinds Initiative nach der Pause erkennbar. Und die ging mitunter von Nicolas Wirsching aus. Immer wieder brach der defensive Mittelfeldakteur nach vorne auf, um das Spiel anzutreiben. „Das Zusammenspiel zwischen Nici und mir auf der Sechserposition funktioniert gut. Ich bin eher der Defensivere von uns beiden“, erklärte sein Nebenmann Jonas Wirth die Rollenverteilung. „Wir sichern uns gegenseitig ab.“ In der 55. Minute servierte Wirsching den Ball auf den Kopf von Jürgen Endres, dessen Abschluss knapp über die Latte strich. Später provozierte er gegen Coburgs Carsten Hahn einen Pressschlag, der zum gefährlichen Torschuss wurde (68. Minute). Jürgen Endres per Fernschuss (62.) und der eingewechselte Steffen Barthel beim Freistoß (72.) lieferten gute Ansätze. Ungleich größer war die Chance für Barthel nach sehenswerter Kombination. Statt selbst abzuziehen, legte er den Ball nochmals zu Jona Riedel – Abseits (78.). So blieb der Vorsprung der Gäste dünn.
Coburg hatte zwischenzeitlich seinen Torjäger eingewechselt. Daniel Sam war in der Vorsaison mit 28 Treffern Garant dafür gewesen, dass der Klub nicht abgestiegen war. Im Sommer plagte ihn über Wochen eine Verletzung am Fuß, sodass er die Vorbereitung verpasste. Seit Kurzem trainiert er wieder. „Wir führen ihn langsam heran“, sagte Trainer Matthias Christl. „Er muss erst richtig fit werden, um uns helfen zu können. Dann kann er unsere Lebensversicherung werden.“ Zweimal sorgte der langgewachsene Sam bei Standardsituationen für Schreckmomente. Viel fehlte nicht, und der 32-Jährige hätte in den wenigen verbleibenden Minuten zum Ausgleich eingeköpft. Abtswinds Torhüter Florian Warschecha verhinderte das 1:1 mit Bravour. „Wir wollten gar nicht mit hohen Bällen spielen, sondern am Boden bleiben, Kurzpass spielen und Dreiecke bilden“, sagte Matthias Christl. Im munteren Schlussbogen der Partie lieferten sich beide Seiten ein offenes Duell. Das bessere Ende für die Abtswinder hätte früher eintreten können: Steffen Barthels Schuss klärte Leonhard Scheler für seinen geschlagenen Schlussmann (87.). Jürgen Endres ging mit der Möglichkeit, alleine zum Tor zu ziehen, zu sorglos um und scheiterte an Daniel Shabestari (90.). Klagen mochten die Abtswinder Fans darüber nicht. Für Unmut hatte unter ihnen allein der Umstand gesorgt, dass es im schmucken Stadion keine Bratwürste gab, die in Coburg als traditionelle Spezialität gelten.
Michael Kämmerer
Das Spiel in der Statistik
FC Coburg: Daniel Shabestari – Lukas Köhn, Lukas Mosert, Carsten Hahn, Leonhard Scheler – Yannik Krebs, Eric Heinze – Fabian Carl (72. Niklas Ehrlich), Daniel Puff (81. Adrian Guhling), Christian Schneider (62. Daniel Sam) – Carl-Philipp Schiebel.
TSV Abtswind: Florian Warschecha – Michael Herrmann, Adrian Graf, Przemyslaw Szuszkiewicz, Carl Murphy – Jonas Wirth, Nicolas Wirsching – Thilo Wilke, Jürgen Endres (90.+1 Peter Mrugalla), Jona Riedel (82. Frank Hartlehnert) – Jörg Otto (65. Steffen Barthel).
Schiedsrichter: Christopher Schwarzmann (Scheßlitz); Assistenten: Dominic Strasser (Vorra), Leon Potuzhek (Bamberg).
Zuschauer: 200.
Gelbe Karten: Lukas Köhn, Daniel Sam (Coburg); Michael Herrmann, Thilo Wilke (Abtswind).
Tor: 0:1 Thilo Wilke (34.).
Stimmen zum Spiel
Petr Skarabela (Trainer TSV Abtswind): „Wir können nicht immer fünf, sechs Tore schießen, auch wenn das mittlerweile jeder erwartet. Heute brauchten wir auch mal Glück, und das hatten wir uns in den letzten Spielen verdient. Unsere erste Hälfte war nicht gut. In der zweiten Halbzeit lief es viel besser. Wir haben Präsenz im Spiel nach vorne gezeigt, haben den Kopf eingeschaltet und uns nicht wie zuvor im Durcheinander verlaufen. Deshalb halte ich das Ergebnis für verdient. Es geht heute nur um die drei Punkte, nicht darum, wie sie zustande gekommen sind. Solche Spiele kommen mal vor. Der Sieg hat uns mehr Kraft gekostet, als ich dachte. Coburg ist bis zum Schluss mitgegangen. Daher gab es für uns nicht viele Räume. Wir surfen jetzt wieder auf der Erfolgswelle und haben den Grundstein erneut nach oben gelegt.“
Matthias Christl (Trainer FC Coburg): „Wir haben der Spitzenmannschaft Abtswind Paroli geboten. Wir waren ein ebenbürtiger Gegner. Das macht uns durchaus stolz. Doch die Cleverness hat gesiegt. Auf dem tiefen Boden fiel es schwer, das Spiel zu kreieren. Daher war zu erwarten, dass die Mannschaft mit dem ersten Tor leichte Vorteile bekommen würde. Mein junges Team hat das Spiel gut angenommen. Erst als wir gegen Ende die Doppelsechs im Mittelfeld aufgelöst haben, ist Abtswind zu Chancen gekommen. Wir haben die Partie bis zum Schluss offengehalten. Als in der letzten halben Stunde Daniel Sam kam, haben wir es mit der Brechstange probiert. Da wurde es gerade bei hohen Bällen gefährlich. Leider konnten wir den Lucky Punch nicht setzen. Unsere Spiele laufen jede Woche so. Wir zahlen jede Menge Lehrgeld. Das tut uns richtig weh.“
Jonas Wirth (Mittelfeldspieler TSV Abtswind): „Die Punkte zählen. Es ist nicht entscheidend, wie das Spiel gelaufen ist. Der Platz war zum Teil uneben, außerdem groß, so dass die Wege weit waren. Das hat uns in der ersten Halbzeit nicht behagt. Nach der Pause hatten wir es besser im Griff. Es zeigt sich, dass ein Tor Vorsprung noch keine Sicherheit bietet. Das zweite Spiel in kürzester Zeit merkt man schon in den Beinen. Es fehlen ein paar Prozent. Man ist nicht ganz so frisch. Es zwickt hier und dort. Aber der Gegner hatte die gleiche Belastung. Ich habe von Beginn an gespürt, dass bei uns der Ball anders gelaufen ist als am Samstag und die Kombinationen nicht perfekt waren. Dass wir in Coburg nicht 8:1 gewinnen, war mir von vorneherein bewusst. Mit zwei Siegen sind wir der Gewinner des Wochenendes. Wir mischen wieder vorne mit und haben die unnötigen Punktverluste wettgemacht.“
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