Pascal Kamolz und Co. verzweifeln an der Defensivtaktik des Gegners
SV Euerbach/Kützberg – TSV Abtswind 0:0
Vorbereitung und Meisterschaftsspiel sind halt doch zwei Paar Fußballschuhe: Vor vier Wochen verpasste der TSV Abtswind dem SV Euerbach/Kützberg an dessen Heimspielstätte in nur sechzig Minuten Spielzeit eine 5:0-Abreibung. In der Landesliga wurde es nichts mit einer Packung. Im Gegenteil. Schon mit einem 1:0 wäre der Abtswinder Tross zufrieden heimgereist. Gegen die Hausherren, die das Verteidigen zur Maxime erhoben hatten, reichte es lediglich zu einem torlosen Unentschieden.
Die beste Euerbacher Torchance hatte ein Abtswinder. Das klingt absurd, war aber so. Nach 75 Minuten spielte Adrian Graf einen Rückpass so scharf zu seinem Schlussmann, dass Julian Schneider allergrößte Mühe hatte, den Ball gerade noch von der Torlinie zu befördern. Das wäre ein Ding gewesen. Mit null Torschüssen 1:0 zu gewinnen – das hätte groteske Züge eines Fußballspiels bekommen. Auch so war es komisch, was sich zwischen dem Aufsteiger und dem Favoriten abspielte. Dass Euerbach sich sehr aufs Verteidigen fokussierte, war noch eine harmlose Beschreibung dessen, was die Truppe von Trainer Oliver Kröner anstellte: Fünferkette in der Abwehr, vier Mann im Mittelfeld und ein – nennen wir es – Angreifer auf weiter Flur. „Was soll man dazu sagen?“, haderte Abtswinds Trainer Petr Skarabela nach neunzig Minuten, die so gar nicht nach seiner Vorstellung verlaufen waren, aber nun mal der bitteren Realität entsprachen.
Das ist das Schicksal eines Vereins, der von sämtlichen Konkurrenten und Experten auf den Favoritenschild gehoben wurde. „Das ist für uns eine schwierige Rolle“, gestand Mittelfeld-Könner Adrian Dußler, der wie alle anderen seine Enttäuschung nicht verstecken konnte. Denn das 0:0 glich einer Niederlage. Auf der anderen Seite freuten sich die Euerbacher, als hätten sie gerade ihre Meisterschaft aus der Bezirksliga wiederholt. Mit Kampf und Leidenschaft und einem feurigen Trainer, der gerne mal die Grenzen der Coaching-Zone überschritt, wehrte der Landesliga-Rückkehrer alles ab, was in die Nähe seines Tores kam. Wirklich mitspielen wollten die Hausherren nicht, bei denen Ex-Profi und USA-Reimport Timo Pitter weiterhin mangels Spielberechtigung fehlte, den Ball auf gut Glück nach vorne hauen schon eher. „Wir wollten eigentlich anders auftreten“, sagte Oliver Kröner, der die Spielanlage seiner Elf lediglich als Reaktion auf die drückende Überlegenheit des Gegners verstand. Zu selten gab es im ersten Durchgang ein Durchkommen der Abtswinder, die die Lösung des Problems in der Mitte sahen, statt über außen die Kette auseinanderzureißen.
Pascal Kamolz (im Bild) machte sich bereits in der zweiten Minute auf den Weg, fand seinen Meister jedoch zeitig im früheren Mitspieler Irnes Husic. Auch wenn der Torhüter bei den zahlreichen Abschlüssen immer mal einen Ball prallen ließ, brachte auch der Nachschuss den Gästen nicht den ersehnten Erfolg. Nach mehr als einer halben Stunde – Euerbach hatte eine von gerade mal zwei Ecken ausgeführt – bekam Abtswind den Raum, den ein kombinationsstarkes Team benötigt, und schon wurde es extrem gefährlich: Adrian Dußlers Schuss wehrte Husic vor die Füße von Pascal Kamolz und Philipp Hummel ab, ehe Euerbach mit vereinten Kräften klärte. Nach der Pause erhöhte die Skarabela-Elf die Intensität ihrer Angriffe. Es passte alles – bis auf den Abschluss. Irnes Husic und das Pech verhinderten in den zweiten 45 Minuten die längst verdiente Führung. Wenn der bosnische Schlussmann mal wieder den Ball abfing, beförderte er die Kugel per Abschlag auf die andere Seite des Feldes, von wo aus Abtswind einen neuen Anlauf nahm, den gegnerischen Abwehrverbund auseinanderzunehmen.
Auf einen geordneten Spielaufbau legte Euerbach keinen Wert. Kein Wunder, dass gefühlte neunzig Prozent des Spiels die Gäste den Ball besaßen. Irnes Husic hielt Bälle im Akkord: Gegen Pascal Kamolz boxte er das Leder aus dem Eck (52. Minute), Nicolas Wirsching warf er sich entgegen und rettete (57.). Und als nach einer Stunde auch noch Frank Hartlehnert aus spitzem Winkel vorbeischoss, war bei den Gästen eine Spur Verzweiflung nicht zu übersehen. Dagegen zogen sich die Euerbacher an jeder, an wirklich jeder verteidigten Aktion mental nach oben. Die Strategie funktionierte, und Abtswind vergab eine Großchance nach der anderen. Pascal Kamolz war in seiner Paraderolle als Vollstrecker diesmal nicht vom Glück verfolgt. Mal zielte er zu hoch, mal schoss er zu flach, mal schob er, statt mit Vollspann abzudrücken. Am Ende war die Zeit davongelaufen.
Michael Kämmerer
Das Spiel in der Statistik
SV Euerbach/Kützberg: Irnes Husic – Alexander Zirkel, Florin Popa (25. Raphael Rogers), Mirza Mekic, Niko Papatzimos, Marcel Schmitt – Michael Kraus, David Thomas, Philipp Hoherz (90.+1 Pascal Waigand), Lucian Murgoci – Thomas Heinisch.
TSV Abtswind: Julian Schneider – Michael Herrmann, Sven Gibfried, Adrian Graf, Carl Murphy – Nicolas Wirsching (79. Jürgen Endres), Adrian Dußler, Philipp Hummel, Frank Hartlehnert (72. Jona Riedel) – Pascal Kamolz, Steffen Barthel (58. Daniel Endres).
Schiedsrichter: Alexander Arnold (Langenleiten); Assistenten: Konstantin Schaab (Schönderling), Tim Schoch (Stralsbach).
Zuschauer: 280.
Gelbe Karten: Lucian Murgoci, Thomas Heinisch, Niko Papatzimos, Michael Kraus, Marcel Schmitt (Euerbach/Kützberg); Philipp Hummel (Abtswind).
Stimmen zum Spiel
Petr Skarabela (Trainer TSV Abtswind): „Was soll man nach so einem Spiel erzählen? Unser Torwart hatte zweimal den Ball in der Hand. Das sagt doch alles. Euerbach war von Beginn an auf Defensive eingestellt und hat sich spielerisch auf nichts eingelassen. Damit hat der Gegner alles richtig gemacht, um ein 0:0 zu erreichen. Allerdings wird Euerbach mit dieser Taktik nicht jede Woche punkten. Unsere Leistung war in Ordnung. Ich kann meiner Mannschaft nichts vorwerfen. Wir sind angerannt und haben großen Druck ausgeübt. Das hat gut ausgesehen. In der zweiten Halbzeit haben wir uns deutlich häufiger über die Flügel in Szene gesetzt, statt es durch die Mitte zu versuchen. Die Chancen haben wir leichtfertig vergeben. In der Hinsicht haben wir keine Lösung gefunden. Daher haben wir zwei Punkte liegengelassen.“
Oliver Kröner (Trainer SV Euerbach/Kützberg): „Wir wollten eigentlich anders spielen, nicht so defensiv orientiert. Dass es anders gekommen ist, lag am Auftreten des Gegners, der uns nach hinten gedrängt hat. Daran mussten wir uns anpassen. Man muss eines sehen: Abtswind kann problemlos in der Bayernliga mitspielen. Unsere Möglichkeiten sind ganz andere: Wir sind heute mit zwei Spielern aus der zweiten Mannschaft angetreten und haben einen Mann sogar reaktiviert. Unser Plus war, dass wir als Team aufgetreten sind. Der Plan, dass bei uns alles Hand und Fuß hat, was wir machen, ist aufgegangen. Trotzdem muss man nichts schönreden: Das war für uns ein glückliches 0:0. Abtswind war uns in einigen Dingen überlegen, aber eben nicht im Toreschießen. Wir wissen, wie wir das Ergebnis einordnen müssen, und haben noch Luft nach oben.“
Adrian Dußler (Mittelfeldspieler TSV Abtswind): „Wir sind in jedem Spiel der Favorit und haben immer den Druck, gewinnen zu müssen. Das Unentschieden fühlt sich an wie eine Niederlage. Das ist so bitter, weil wir an sich gut gespielt haben, vor allem bis zum Strafraum. Wir sind oft genug zum Abschluss gekommen, nur die letzte Aktion wurde nicht clever ausgespielt. Von Euerbach war es fast schon frech, sich mit acht Mann um den Sechzehner zu stellen. Beim Spielaufbau hatten wir dadurch immer Unterzahl. Es war sehr überraschend, wie tief der Gegner mit allen Mann hinter dem Ball stand. So war es für uns schwierig, Lösungen zu finden. Natürlich dürfen wir nicht die Schuld beim Gegner suchen, sondern müssen uns an die eigene Nase fassen. Ich befürchte, das wird nicht die letzte Mannschaft gewesen sein, die gegen uns tiefsteht. Ich hoffe nur nicht, dass alle ihren Mannschaftsbus vor dem Tor abstellen.“
Die Höhepunkte des Spiels im Video.
Abtswinds Adrian Dußler im Video-Interview.
Wahl zur Elf der Woche beim Fußballportal Fupa: Für Abtswind abstimmen.