Warum Abtswinds Abteilungsleiter gleich drei Treffer versäumte

TSV Abtswind – FC Eintracht Bamberg 8:1 (5:0)

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Weinfestwochen in Abtswind – das ist wie das Oktoberfest für den FC Bayern. Ähnlich den Münchnern zeigen sich auch die Spieler des TSV Abtswind in dieser Zeit traditionell in Hochform. Kurz bevor am Samstag die Sause im Zelt eröffnet wurde, erlebte das geneigte Publikum schon mal auf dem Rasen ein Spektakel par excellence, das im Siegesrausch endete. Aufs Feiern musste die Mannschaft nach dem 8:1 gegen hoffnungslos unterlegene Bamberger allerdings verzichten. Am Montag steht das Auswärtsspiel beim FC Coburg an.

Sobald es Oktober wird, ist in Abtswind alles anders. An den Wochenenden steht das kleine Dorf Kopf, wenn tausende Gäste aus Nah und Fern zum Weinfest ins Festzelt strömen. Da ist natürlich auch die Verlockung für die Fußballer groß, sich ins Getümmel zu stürzen. Erst recht, wenn es wie am Samstag einen rauschenden Sieg zu feiern gibt. Allerdings sind solche Versuchungen mitunter schwer mit dem Terminplan des Bayerischen Fußball-Verbands in Einklang zu bringen. Und so stellte Trainer Petr Skarabela, der Fürther Ex-Profi, nach dem 8:1 über Eintracht Bamberg ganz pflichtbewusst klar, dass man allenfalls „für eine Stunde ins Zelt gehen wird, um etwas zu essen.“ Ausgedehnte Feierlichkeiten könnten schließlich die Vorbereitung auf die nächste Herausforderung stören, die nur zwei Tage später, am Montag, 3. Oktober, in Coburg auf seine Kicker wartet.

Die Chance, sich an die Tabellenspitze heranzupirschen, ist derzeit so groß wie nie. Innerhalb von acht Tagen verdichtet sich der Wettbewerb auf drei Spiele. Am kommenden Samstag ist Tabellenführer Forchheim zu Besuch. Am Ende der wegweisenden Woche könnte Abtswind nach Punkten gleichziehen. Erst danach wird es einen Mannschaftsabend auf dem Weinfest geben. Steffen Barthel hatte am Samstag nach dem Schlusspfiff ohnehin andere Prioritäten. Er drückte sich einen Eisbeutel aufs Knie und musste zum Masseur. Der Abtswinder Überflieger, der vergangene Runde noch eine Liga tiefer für Marktbreit/Martinsheim kickte und nun mit acht Treffern die Torschützenliste der Landesliga anführt, hatte einen Schlag abbekommen. Nach 68 Minuten musste er vom Feld. „Bis Montag ist alles wieder in Ordnung“, gab der 21-Jährige Entwarnung. Pascal Kamolz und Peter Mrugalla mit Trainingsrückstand – also spielte Barthel den Frontmann, statt im offensiven Mittelfeld für Wirbel zu sorgen.

Wobei es gegen die heillos überforderten Bamberger mit ihrer wegen des Finanzkollaps zu Saisonbeginn eiligst zusammengeschusterten Truppe nahezu egal war, wer wo aufgestellt war: Jeder durfte, wie er wollte. Nicolas Wirsching kam sehr früh in den Genuss zweier Tore. Den defensiven Mittelfeldmann hatten die Gäste irgendwie nicht auf dem Schirm, als er sich vorne ins Getümmel begab. Zeitweise spielte Wirsching so offensiv wie ein echter Angreifer, der noch dazu per Kopf zum 1:0 einnetzte (4. Minute) und später lässig den Fuß zum 2:0 in eine Hereingabe hielt (17.). Bambergs Trainer Georg Lunz zerstörte an der Seitenlinie mit Kommandos seine Stimme und blieb doch weitgehend ungehört von seinen Spielern. Ein Heber von Bashkim Peci neben das Ziel musste auf lange Zeit als beste Chance taugen (13.). „Ich bin die ärmste Sau“, sagte Lunz angesichts der prekären Lage seines Vereins, der nach dem Abstieg aus der Bayernliga die Folgen der Insolvenz zu bewältigen hat und sportlich ankämpft, nicht weiter durchgereicht zu werden. „Mir war von Anfang an klar, was uns in der Landesliga bevorsteht“, sagte Bambergs Coach, der im Sommer in der größten Not eingesprungen war, damit es irgendwie weitergehen konnte. Sein Frust verstärkte sich am Samstag, weil die neue Elf seines Vorgängers Petr Skarabela nicht daran dachte, einen Gang zurückzuschalten.

Die Forderung von der Abtswinder Bank nach einem Wirsching-Hattrick ging nicht in Erfüllung, weil Thilo Wilke mit dem 3:0 dazwischenfunkte (19.). Einen Augenblick später legte Steffen Barthel nach (20.). „Schön, wenn es so früh 4:0 steht“, erkannte Abtswinds Sportkoordinator Thorsten Götzelmann. „Dafür ist jetzt die Spannung weg.“ Man kann eben nicht alles bekommen. Auch für Gerhard Klotsch bedeutete die rasche Torfolge Nachteile: Der Abteilungsleiter der Hausherren hatte glatt drei Treffer versäumt, weil er verschossene Bälle auf der benachbarten Pferdewiese einsammeln musste. Was Abtswind ablieferte, war spielerisch ganz hohe Kunst, nahe an der Perfektion, die man in der Landesliga erwarten kann. Das verzückte die einheimischen Zuschauer, die mit Szenenapplaus reagierten. So war das auch bei Steffen Barthels 5:0 (45.) und Frank Hartlehnerts 6:0 (55.), beides Tore nach dem Prädikat „mustergültig“. Schließlich vollendeten Peter Mrugalla und Thilo Wilke in den letzten zehn Minuten das Schützenfest, das nur durch den Bamberger Ehrentreffer gestört wurde. „Entscheidend ist, dass wir unseren Sieg in Coburg bestätigen“, erklärte Trainer Petr Skarabela, der auf bis zu drei Positionen Veränderungen erwägt, um die Belastung für die Akteure zu dosieren. „Wir fahren mit breiter Brust dorthin.“ Wer in elf Spielen 38 Tore erzielt hat, die meisten in der Liga, der muss sich wahrlich nicht verstecken.

Michael Kämmerer

Das Spiel in der Statistik

TSV Abtswind: Florian Warschecha – Michael Herrmann, Adrian Graf (69. Peter Mrugalla), Przemyslaw Szuszkiewicz, Carl Murphy – Nicolas Wirsching, Jonas Wirth, Thilo Wilke, Frank Hartlehnert (61. Jona Riedel) – Jürgen Endres, Steffen Barthel (69. Jörg Otto).
FC Eintracht Bamberg: Thomas Nawrat – Sven Schwinn (46. Paul Hegewald), Christopher Enk, Clemens Kopka (72. Dominik Oppelt), Tobias Linz – Christian Ott, Johannes Trautmann – Simon Bube (46. Michael Weimer), Niklas Tscherner, Gabriel Jessen – Bashkim Peci.
Schiedsrichter: Björn Söllner (Schonungen); Assistenten: David Kern (Altmain-Schorn), Konstantin Willacker (Röthlein/Schwebheim).
Zuschauer: 210.
Gelbe Karte: Gabriel Jessen (Bamberg).
Tore: 1:0 Nicolas Wirsching (4., Kopfball nach Freistoß Jürgen Endres), 2:0 Nicolas Wirsching (17., aus fünf Metern auf Hereingabe von Frank Hartlehnert), 3:0 Thilo Wilke (19., Kopfball auf Flanke von Carl Murphy), 4:0 Steffen Barthel (20., nach Pass von Jonas Wirth in den Lauf), 5:0 Steffen Barthel (45., Abschluss nach toller Kombination über Wirsching und Murphy), 6:0 Frank Hartlehnert (55., nach genialem Doppelpass mit Wirsching), 7:0 Peter Mrugalla (79., gefühlvoller Heber nach Zuspiel von Wirth), 7:1 Bashkim Peci (85., aus dem Gewühl der Abtswinder Abwehr), 8:1 Thilo Wilke (88., Flachschuss nach Vorarbeit Mrugalla).

Stimmen zum Spiel

Petr Skarabela (Trainer TSV Abtswind): „Wir haben eine grandiose erste Halbzeit gespielt. Unsere siegreichen Spiele haben wir in aller Regel vor der Pause entschieden. Dass es zwischendurch ein paar Minuten gibt, in denen man nicht so präsent ist, ist bei einem solchen Ergebnis normal. Die Mannschaft hat alles umgesetzt. Sie hat mit ihrem großen Potenzial verstanden, was ich von ihr verlange. Daher bin ich stolz, in Abtswind Trainer sein zu dürfen. Einen Zusammenhalt wie hier hatte ich noch nirgendwo. Alle verstehen sich gut, kommen mit großer Lust zum Training und zu den Spielen. Ich wünsche mir, dass wir von dieser Sorte noch mehr Spiele sehen. Den Grundstein für die beiden folgenden Begegnungen haben wir gelegt. Ich glaube, dass wir an diese gute Leistung anknüpfen werden. Bei uns hebt nach dem 8:1 keiner ab. Das sind vernünftige Jungs. Auch wenn heute die Abtswinder Weinfestwochen beginnen, gehen wir nicht feiern, sondern genießen den Sieg im Stillen. Wir gehen erst nächste Woche nach dem Spitzenspiel gegen Forchheim mit der ganzen Mannschaft ins Zelt.“

Georg Lunz (Trainer FC Eintracht Bamberg): „Für den neutralen Zuschauer war es sehr schön zu sehen, wie homogen bei Abtswind der Ball gerollt ist und wie stimmig die Abläufe waren. Unsere Kampfkraft hat gegen dieses Spielverständnis nicht ausgereicht, genauso wenig unser Niveau, um in die Zweikämpfe zu kommen. Unser Plan, möglichst viele Zweikämpfe zu suchen und den Ball von unserem Tor fernzuhalten, ist gerade mal drei Minuten aufgegangen. In der Pause haben weder ich noch die Spieler fünf Minuten lang etwas gesagt. Dann habe ich an die Mannschaft appelliert, den Verein würdig nach außen zu vertreten und dass wir mit Anstand und Charakter das Spiel zu Ende bringen. Entscheidend ist, dass wir uns am Montag gegen Höchberg besser präsentieren. Leider ist es aufgrund der Trainingsbeteiligung schwer, eine gewisse Beständigkeit in die Mannschaft zu bringen. Wir bewegen uns derzeit mit siebzig Prozent auf Bezirksliga-Niveau. Trotzdem bin ich zuversichtlich, dass wir aus der schwierigen Lage herauskommen, wenn die Spieler das auch tatsächlich wollen.“

Steffen Barthel (TSV Abtswind, mit acht Treffern bester Torschütze der Landesliga): „Wir sind mit der richtigen Einstellung ins Spiel gegangen und haben auch die weiten Wege genommen, um Räume zu öffnen und diese zu nutzen. Trotz des deutlichen Ergebnisses war es kein Spaziergang. Bei großer Laufbereitschaft sieht das Spiel von außen mühelos und leichtfüßig aus. In Wahrheit steckte viel Arbeit dahinter. Zwischendurch mussten wir auch mal das Tempo rausnehmen. In den letzten Wochen lief für mich alles sehr perfekt. Ich habe meine Chance nach dem Wechsel von der FG Marktbreit/Martinsheim genutzt. Dass es mit dem Toreschießen so gut klappt, ließ sich nicht vorhersagen. Ich bin momentan zufrieden. In der Landesliga geht alles viel schneller: Es bietet sich weniger Raum. Man muss eher reagieren. Die Pässe müssen präziser kommen. Ich habe mich an die Unterschiede gewöhnt, auch weil unser Training durch achtzehn gestandene Akteure sehr gut und effektiv ist.“

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