Michael Herrmann verlässt seinen Herzensverein
Abtswind als einzige Station im Herrenbereich
Ein letztes Mal wird Michael Herrmann „seinen“ TSV Abtswind gegen den SV Donaustauf aufs Feld führen. Nach 13 Jahren verlässt der gebürtige Greuther den Verein und betritt als Spielertrainer beim TSV Gochsheim ein neues Aufgabenfeld. „Ich habe lange eine sehr große Vorfreude verspürt, die Atmosphäre nochmals zu erleben und die Leute im Rahmen eines Heimspiels nochmals zu sehen. Mittlerweile bin ich aber schon auch sehr wehmütig, weil ein wunderschöner, sehr prägender Abschnitt meiner Lebens zu Ende geht“, sagt der 31-Jährige. Zuletzt habe er auch immer wieder alte Bilder und Fotos herausgekramt und in Erinnerungen geschwelgt. An diesen ist die Entwicklung des anfänglich zurückhaltenden Sechsers bis hin zum vorangehenden Rechtsverteidiger sehr gut zu sehen.
Von der Türschwelle zu Christoph Mix
Dabei wäre Michael Herrmann beinahe gar nicht beim TSV Abtswind gelandet. Denn der schmächtige 18-Jährige lief trotz dessen, dass er nur eineinhalb Kilometer entfernt von Abtswind in Greuth aufwuchs, unter dem Radar von Christoph Mix. Erst Leon Grunasi, der zur Saison 2010/11 die TSV-Reserve übernahm, holte ihn ins Kräuterdorf. „Ich trainierte damals regelmäßig in Castell mit, als er dort Trainer war. Eines Tages stand er dann vor meiner Tür meines Elternhauses und meinte, ich solle mit nach Abtswind wechseln. Dann sind wir direkt zu Christoph gefahren und ich habe meinen Vertrag unterschrieben“, erinnert sich Michael Herrmann, der damals noch in der Jugend des TSV/DJK Wiesentheid kickte.
Erst Sechser, dann Rechts- und Innenverteidiger
Der Beginn einer Erfolgsgeschichte. Geplant für die zweite Mannschaft in der Kreisklasse trainierte er in der Saisonvorbereitung bei der Bezirksliga-Truppe von Carsten Weiß mit und kam in der Hinrunde prompt zu ersten Einsätzen. Zu leicht und zu langsam war er damals noch. Aber mit Fleiß, individuellem Training und unbändigem Willen spielte er sich in der Rückrunde dann aber in die erste Elf – als Sechser. „Meine Aufgabe war es, Mario Schindler den Rücken freizuhalten“, erinnert er sich. Am Ende der Saison stand der Aufstieg in die Bezirksoberliga und Michael Herrmann war etabliert.
Allerdings schoss er sich im ersten Spiel der neuen Runde dann wieder selbst ins Aus – mit einem unnötigen Platzverweis. „Danach saß ich erst einmal wieder draußen, obwohl es einer meiner besten Spiele war“, findet der 31-Jährige, der im Laufe der Saison wieder zum Zug kam und seit dem aus der Abtswinder Elf nicht mehr wegzudenken ist. Seit der Spielzeit 2012/13 – damals erstmals unter Jochen Seuling – ist Michael Herrmann als Rechtsverteidiger eine feste Größe: „Nicht nur die Position hat sich gewandelt, auch mein Körper, meine Athletik. Ich habe technisch dazugelernt, habe körperlich eine Schippe draufgelegt und bin dynamischer als noch in meinen ersten Spielzeiten.“
Unter Thorsten Götzelmann spielte er sogar über einen längeren Zeitraum in der Innenverteidigung und hatte entscheidenden Anteil daran, dass die Grün-Weißen in der Saison 2014/15 über 1000 Minuten ohne Gegentor blieben. Eine beeindruckende Serie.
Thorsten Götzelmann macht Michael Herrmann zum Kapitän
Thorsten Götzelmann war es auch, der die Karriere des damals 24-Jährigen entscheidend beeinflusste. Der damalige TSV-Coach und heutige sportliche Leiter machte Michael Herrmann nämlich zum Kapitän der Grün-Weißen. Schon in den Vorjahren hatte der gebürtige Greuther stetig mehr Verantwortung übernommen, war wichtiger Ansprechpartner für Neuzugänge. Aus dem anfänglich ruhigen und zurückhaltenden Studenten, der sehr viel aufsaugte und froh war, dabei zu sein, war mittlerweile ein selbstbewusster Leistungsträger geworden. „Es ist wie am ersten Tag noch immer eine unheimliche Ehre, die Mannschaft als Kapitän aufs Feld zu führen“, trägt Michael Herrmann die TSV-Binde mit Stolz. Alle Nachfolger Thorsten Götzelmanns bestätigten ihn in diesem Amt.
Vorbild und Anführer – auch in schweren Zeiten
Der 31-Jährige ist Vorbild und Anführer und hat dabei nie seine Bodenständigkeit verloren. Als er damals zum ersten Mal in die Heimkabine kam und nicht wusste, wo er sich hinsetzen sollte, platzierte er sich unter dem Sicherungskasten. Diesen Platz hatte er bis zum Wechsel in den Neubau nicht verlassen. Und auch den Bezug zum Umfeld hat Michael Herrmann nie verloren: „Freilich hat sich die Mannschaft verändert, doch die Menschen drumherum sind gleich geblieben. Es ist ein wunderbarer Dorfverein. Ich empfinde sehr große Dankbarkeit für alle ehrenamtlichen Helfer und vor allem für Christoph Mix. Insgesamt ist der TSV Abtswind immer noch der Verein, in den ich mich verliebt habe.“
Allerdings hatte er auch schwierige Zeiten zu überstehen. Sowohl sportlich als auch menschlich. Besonders die Trennung von Mario Schindler nach elf sieglosen Spielen schmerzte. „Das war sehr traurig. Schon als wir zusammengespielt haben im zentralen Mittelfeld habe ich mir viel von ihm abgeschaut. Da mussten wir uns als Mannschaft hinterfragen“, findet er klare Worte. Gerne hätte er mit seinem ehemaligen Mitspieler aus Bezirks- und Bezirksoberliga-Zeiten, der den Weg zurück ins Kräuterdorf gefunden hatte, länger zusammengearbeitet.
Menschlich traf den Verein vor allem der Tod von Steffen Mix. „Das hat uns alle tief erschüttert. Das gab ein richtiges Beben im Verein und war einer der Schlüsselmomente der letzten Jahre“, erinnert sich Michael Herrmann. Alle rückten noch näher zusammen und unterstützten Christoph Mix in dieser für ihn sehr schweren Zeit. „Das hat mich beeindruckt, wie alle zusammengestanden sind, und es hat gezeigt, was den Verein ausmacht“, bewundert er.
Bayernliga-Aufstieg als große Genugtuung
Nie hatte er daran gezweifelt, dem Verein treu zu bleiben, mit dem er von der Bezirksliga bis in die Bayernliga aufstieg. Besonders der letzte Aufstieg als Kapitän war für den gebürtigen Greuther eine große Genugtuung: „Wir haben mehrmals auf die Schnauze bekommen und haben es dann endlich geschafft. Ich war so glücklich, das erleben zu dürfen – auf dem Feld. Eine Woche vorher hatte ich mir die Kniescheibe aufgeschlitzt und musste genäht werden, weshalb mein Einsatz gegen Vach gefährdet war. Letztlich habe ich aber gespielt und wir sind vor einer tollen Kulisse mit drei Abtswinder Fanbussen aufgestiegen.“
Selbst als mit Nicolas Wirsching, Sven Gibfried, Jonas Wirth und Jürgen Endres vier langjährige Mitstreiter Michael Herrmanns den Verein verließen, ist er dem TSV treu geblieben. „Sie waren ganz enge Bezugspersonen und sind zu Freuden geworden, die dann aus unterschiedlichen Gründen plötzlich weg waren. Das war für mich persönlich schwierig und für den Verein ein großer Verlust, da sie den TSV immer vorbildlich und sympathisch vertreten haben, was meiner Meinung nach auch das öffentliche Bild positiv beeinflusst hat. Mittlerweile werden wir als sehr sympathischer Dorfverein wahrgenommen. Das ist den Jungs sehr hoch anzurechnen“, lobt er. Seine sicherlich vorhandenen Zweifel hatte er erneut weggewischt und wollte mithelfen, den Umbruch zu bewältigen.
Michael Herrmann geht nach der besten Saison der Vereinsgeschichte
Stand heute lässt sich sagen: Ziel in bestem Maße erreicht. „Der Verlauf der aktuellen Saison ist kaum in Worte zu fassen. Es ist unfassbar geil, Teil dieser Mannschaft zu sein. Wir können uns alle aufeinander verlassen. Das ist eine unglaublich gute Gemeinschaft mit unglaublichem Zusammenhalt“, schwärmt Michael Herrmann von der aktuellen Truppe, mit der er in den letzten beiden Spielen die Saison mit Platz Vier krönen möchte.
Es wäre der perfekte Abschied. „Ich habe immer alles gegeben, mich immer in den Dienst des Vereins gestellt. Ich wollte das zurückgeben, was mir der Verein, das Umfeld gegeben haben“, geht der 31-Jährige mit großer Dankbarkeit und Wehmut in einen neuen Abschnitt seiner Fußballer-Laufbahn. Ihn erwartet eine „sehr reizvolle, herausfordernde Aufgabe“. Mit Demut und Fleiß möchte Michael Herrmann nun auch in Gochsheim erfolgreich sein, ein Team entwickeln. Ähnlich wie in seiner Abtswinder Zeit, die er immer im Herzen tragen wird.
Alexander Rausch