Abtswind verliert zum zweiten Mal in Folge – und das völlig zu Recht
TSV Abtswind – FC Viktoria Kahl 0:2 (0:2)
Jetzt ist auch der Heimnimbus dahin: Nach drei makellosen Siegen und 12:0-Toren musste der TSV Abtswind gegen das sieglose Schlusslicht Viktoria Kahl die erste Saisonniederlage auf eigenem Platz einstecken. Mit zwölf Zählern aus acht Partien ist die Mannschaft von Trainer Petr Skarabela – zumindest tabellarisch – nur noch Mittelmaß. Der Kontakt zur Spitzengruppe ist vorerst abgerissen.
Petr Skarabela machte nach dem Schlusspfiff kein Geheimnis aus einer Fehleinschätzung. „Ich hätte nicht gedacht“, sagte der Trainer des TSV Abtswind, „dass das Spiel so schwer für uns wird.“ Der 48-Jährige hatte im Vorfeld vor dem Gegner gewarnt, der es bis dahin noch zu keinem Sieg gebracht hatte und das Tabellenende schmückte. „Es war nicht so, dass wir das Spiel nicht ernstgenommen hätten“, stellte Skarabela vorsorglich fest, um Kritikern jegliche Angriffsfläche zu nehmen, Abtswind hätte den Gegner ob seiner Punkteausbeute unterschätzt. Kahl hat mehr Potenzial, als Rang siebzehn bisher auszudrücken vermochte. Dass der Klub von der hessischen Grenze gerade jetzt zur Hochform auflief, machte es für Abtswind umso bitterer.
In der Vorwoche die 2:3-Niederlage in Kleinrinderfeld, nun ein 0:2 gegen Kahl – zwei Niederlagen am Stück passen nicht so recht ins Abtswinder Selbstverständnis. „Die Mannschaft kann nicht in zwei Wochen alles verlernt haben“, wunderte sich Petr Skarabela. Hat sie natürlich nicht, auch wenn mancher Akteur seine Leistung diesmal nicht ausschöpfte. So blieb nur die Feststellung, dass die Kahler tatsächlich das bessere Team auf dem Platz waren und keineswegs aus purem Zufall den Sieg mitnahmen. Bei den übrigen Abtswinder Niederlagen waren die Verhältnisse nicht so eindeutig gewesen.
Anders als sonst fehlte es Abtswind an den klaren Möglichkeiten – was auch daran lag, dass die Gäste kaum etwas zuließen und in der Abwehr kompakt und geordnet standen. So fiel es dem TSV schwer, entscheidend vors Tor zu gelangen. In den ersten zwanzig Minuten sah es noch am besten aus. Nach einer Ecke rutschten Daniel Hämmerlein und Carl Murphy am Ball vorbei (7. Minute). Kurz darauf ging Steffen Barthel ins Dribbling gegen Kahls Niclas Strugarov und verzog knapp (18.). Manch schöne Kombination und mehrere Standardsituationen gab es obendrein, aber eben nichts, was die andere Seite in arge Bedrängnis brachte. Mal fehlte es nach einigen Stationen auch einfach am letzten Pass, der vor den Füßen des Gegners landete, mal haderten die Hausherren mit dem Abseits. Es war nicht so, dass die Kahler ihre Scheu erst ablegen mussten, denn die hatten sie gar nicht erst. Ihre Aktionen zeigten Entschlossenheit. Wenn Abtswind einen Angriff von hinten aufbauen wollte, dauerte es nicht lange, bis sich der erste Störenfried näherte.
Genauso beharrlich tasteten sich die Gäste ans gegnerische Tor heran. Anfangs funktionierte das, wenn der Ball ruhte. Enrico Puglisi versuchte es mit einem Freistoß, aber Schlussmann Florian Warschecha stand richtig (31.). Benedikt Hotz erhöhte die Gefahr mit einem Kopfball nach einer Ecke, was Warschecha erneut zum Reagieren zwang (34.). Alexander Grod besaß kurz vor der Pause die nächste Möglichkeit zur Führung des Außenseiters (43.). „Unser Manko war bisher, dass wir das Tor nicht getroffen haben“, sagte Kahls Trainer Albert Repp. Gökhan Aydin, der beste Stürmer der vergangenen Jahre, hatte sich vor der Saison zu Viktoria Aschaffenburg in die Bayernliga verabschiedet. Auch Tim Müller suchte bei Türkgücü Hanau eine neue Herausforderung. Um die Flaute zu beenden, wurde jüngst Lukas Smith nachverpflichtet, doch der Hoffnungsträger für den Sturm saß zunächst auf der Bank. In den Tagen seit seinem Transfer hatte er erst einmal trainieren können. Um die dünne Personaldecke nicht rissig werden zu lassen, wechselte sich Trainer Repp, immerhin 53 und einst Zweitligaspieler des FSV Frankfurt, am Ende selbst noch ein.
Mit Beginn des zweiten Durchgangs arbeitete sich Abtswind weiter am Gegner ab – allerdings ohne Erfolg. Thilo Wilkes Kopfball klatschte Kahls Torhüter Patrick Kasiow weg (52.). Beim Schuss von Jürgen Endres verhinderte die Latte Zählbares (70.). „Wir haben es nicht geschafft, unsere Kreativität auszuspielen und über außen zu kommen“, erkannte Co-Spielertrainer Carl Murphy, der in der Abwehr im Gegensatz zu den vorangegangenen Spielen von rechts auf links gewechselt war. Mit Daniel Hämmerlein, Nicolas Wirsching und Adrian Graf spielte die Defensive auch sonst in neuer Besetzung. Dafür hatte Przemyslaw Szuszkiewicz auf der Bank Platz nehmen müssen.
Frische Kräfte sollten in den letzten Minuten die Offensive beleben: Andreas Herrmann und Jona Riedel ersetzten Peter Mrugalla und Pascal Kamolz. Doch statt ins gegnerische Tor ging der Schuss nach hinten los: Nach einem Abtswinder Ballverlust war die Absicherung nicht mehr massiv genug. Der Kahler Konter über Enrico Puglisi landete im hohen Bogen bei Alexander Grod, der im Flug die Führung köpfte (81.). Im Schlagabtausch ging es weiter: Grod bot sich die Doppelchance (86.), auf der anderen Seite setzte Carl Murphy den Ball drüber (87.). Die beste Gelegenheit zum Ausgleich durch Jona Riedel entschärfte Patrick Kasiow (88.). Enrico Puglisi kam mit seinem Konter hingegen durch und schloss kompromisslos zum 2:0-Endstand ab (90.+2). „Die Mannschaft muss den Kopf freibekommen“, sagte Abtswinds Trainer Petr Skarabela mit Blick auf die nächste Begegnung bei Bayern Kitzingen.
Michael Kämmerer
Das Spiel in der Statistik
TSV Abtswind: Florian Warschecha – Daniel Hämmerlein, Nicolas Wirsching, Adrian Graf, Carl Murphy – Jonas Wirth, Thilo Wilke, Jürgen Endres, Steffen Barthel (80. Fabian Mauderer) – Peter Mrugalla (78. Andreas Herrmann), Pascal Kamolz (78. Jona Riedel).
FC Viktoria Kahl: Patrick Kasiow – Bastian Schwalbe, Niclas Strugarov, André Althaus, Julian Mbuku – Manuel Krapp, Gabriel Akman – Fabio Sanchez (90.+1 Johannes Hein), Benedikt Hotz (67. Lukas Smith) , Enrico Puglisi – Alexander Grod (89. Albert Repp).
Schiedsrichter: Kai Hoffmann (Röthenbach/Pegnitz); Assistenten: Tim Brauner (Lauf/Pegnitz), Thomas Wolf (Herzogenaurach).
Zuschauer: 150.
Gelbe Karten: Jürgen Endres, Nicolas Wirsching, Daniel Hämmerlein (Abtswind); Alexander Grod, Julian Mbuku, Gabriel Akman, André Althaus (Kahl).
Tore: 0:1 Alexander Grod (81.), 0:2 Enrico Puglisi (90.+2).
Stimmen zum Spiel
Petr Skarabela (Trainer TSV Abtswind): „Wir hatten keinen guten Tag. Ich hatte die Mannschaft darauf eingestellt, dass die Tabelle nicht ausschlaggebend ist. Es war nicht zu erkennen, dass Kahl Letzter war. Wir haben nicht den richtigen Rhythmus gefunden. Zwanzig Minuten war unser Spiel gut, ohne dass daraus großartig Chancen entstanden sind. Der Gegner – unser stärkster in dieser Saison – war insgesamt besser als wir. Die Kahler haben die Räume gut zugemacht und diszipliniert gespielt. Neunzig Minuten haben sie – ein wenig zu meiner Verwunderung – physisch gut mitgehalten. Meine Mannschaft hat nicht abgerufen, was sie kann, und mehr zugelassen, als ich dachte. Wir haben zwei schlechte Wochen hinter uns. Das ist bitter. Wir müssen nun spielerisch wieder dort hinkommen, wo wir vor zwei Wochen waren.“
Albert Repp (Trainer FC Viktoria Kahl): „Ich muss meiner Mannschaft ein Riesenkompliment machen. Wir sind als Tabellenletzter unheimlich kompakt aufgetreten. Wir wussten, dass es geht. Heute ist es endlich gelungen, die Leistung in Punkte umzuwandeln. Wir waren einen Tick aggressiver und hatten die besseren Chancen. Wir haben in den letzten Wochen auch keinen schlechten Fußball gespielt, sind für unser Engagement aber nicht belohnt worden. Es war ein sehr gutes Landesligaspiel von beiden Seiten. Die späten Tore waren unser Glück. Sie sind das Verdienst für die Spiele, in denen wir leer ausgegangen sind. Unter dem Strich geht der Sieg in Ordnung. Das war verdient und nicht glücklich. Wir stehen nicht zu Recht unten. Wir hatten bisher einige Male Pech, auch mit Ausfällen, und waren so in einen Strudel geraten. Die Mannschaft ist intakt.“
Carl Murphy (Co-Spielertrainer TSV Abtswind): „Kahl hatte nichts zu verlieren, stand hinten gut und hat auf Fehler gewartet. Dagegen haben wir es nicht geschafft, unsere Kreativität auszuspielen und über außen zu kommen. In manchen Zweikampf sind wir nicht richtig hineingekommen. Der Gegner hat das mit zwei Kontern gnadenlos ausgenutzt. Es ist schade, dass wir nun dort stehen, wo wir jetzt sind. Das hätte ich nie gedacht. Jeder von uns besitzt das nötige Potenzial. Wir hatten uns andere Ziele gesetzt. Vielleicht müssen wir unsere Erwartungen ein wenig zurückschrauben. Vor allem gilt es, die letzten beiden Niederlagen zu verarbeiten. In der Liga kann jeder jeden schlagen. Das hat sich heute wieder gezeigt.“
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