Notarzteinsatz in der Kräuter Mix Arena
TSV Abtswind II – FV Egenhausen 2:2 (1:1)
Mitten hinein ins Abtswinder Offensivspektakel setzen die Gäste ihr gefährlich schnelles Umschaltspiel entgegen. Manchmal greift dabei das Schicksal ein und ein schönes, spannendes Fußballfest gerät plötzlich zur nebensächlichen Randnotiz. Kurz vor dem Seitenwechsel verletzt sich Abtswinds Mittelfeldmotor Mladen Grujic schwer am Knöchel. Alles Gute und schnelle Genesung wünscht der TSV Abtswind an dieser Stelle.
Bei einer der wenigen Egenhäuser Torraumszenen bekommt Keeper Julian Beßler die Szene natürlich hautnah mit. Den jungen Schlussmann nimmt der Anblick dermaßen mit, dass sein Kreislauf zusammensackt. An ein weiter so ist bei beiden nicht zu denken. „In der Kabine habe ich meine Jungs zusammengerufen. Man muss das fragen, seid ihr in der Lage, das Spiel fortzusetzen?“, schildert Abtswinds Trainer Velibor Teofilovic die beklemmende Seelenlage zur Pause. „Alle wollten weiterspielen, die Partie in Würde und für Mladen zuende bringen. An der Verletzung kann man nichts ändern. In den nächsten Tagen werden wir Mladen im Krankenhaus besuchen.“
Aus dem Kabinentrakt kommt eine völlig neue Abtswinder Elf. Für Julian Beßler geht Michael Ludwig zwischen die Pfosten. Patrick Hock ersetzt Mladen Grujic und Tobias Holzberger verstärkt die Defensive. Noch augenfälliger allerdings ist die Körpersprache. Man sieht ein gewisses Blitzen in den Augen, ohne gleich auf einen Boxfilm mit Sylvester Stallone in der Hauptrolle anzuspielen. „Meine Jungs haben Mladen heute ein Denkmal gesetzt. Sie haben für ihn gekämpft, gebissen, gerackert, alles rausgehauen.“ Velibor Teofilovic ist sichtlich stolz auf sein Team. Lange vor dem 2:1 liegt dieser Treffer bereits in der Luft. Man kann ihn schmecken, fühlen und letztlich auch beobachten. Dieses Mal schaltet Abtswind einen Tick schneller, als die taktisch wie defensiv stark eingestellten Gäste. Zwei Stationen über die rechte Seite und mit einem gefühlvollen Heber überwindet Markus Schamberger Egenhausens Schlussmann Fabian Wingart.
Die Partie ist gedreht. Den frühen Führungstreffer (5.) durch Tobias Kraus, der einen Abtswinder Leichtsinnsfehler im Spielaufbau kaltschnäuzig bestraft, biegt Markus Schamberger mit seinem Doppelpack (38. und 57.) gerade. Nach einer knappen Stunde Spielzeit schwimmen Egenhausens Coach Dieter Noack die Relegationsfälle so allmählich davon. In der Blitztabelle schiebt sich Stammheim auf den zweiten Platz. Vieles spricht gegen die Gäste. Abtswind wird ein Kontertor durch Andreas Herrmann aberkannt, vermutlich wegen Abseitsstellung oder Torwartbehinderung. Eine schwer aufzulösende Szene.
Dann keimt so etwas wie Hoffnung auf. Christoph Hofmann zieht sein zweites Foul, ein taktisches auf Höhe der Mittellinie und verlässt mit gelb-rot den Platz. Den einen fehlenden Abtswinder Feldspieler merkt man jedoch kaum. Markus Golombek geht allein auf Egenhausens Keeper zu. Der Heber segelt übers Quergebälk. Patrick Hocks Abschluss aus 20 Metern Torentfernung gerät zu zentral. „Selbst in Überzahl haben wir es nicht verstanden, mehr Druck aufzubauen. Man merkt meiner jungen Mannschaft den Druck an“, analysiert Dieter Noack.
Wir sind bereits in der Nachspielzeit. Längst liegt die Brechstange im Ring. Egenhausen probiert noch einmal alle Tricks, jegliche Finesse, sei sie auch noch so abwegig. Und irgendwann bekommt Abtswind den Ball nicht mehr entscheidend aus der Gefahrenzone. Hoch und weit segelt die Pille in den Strafraum. Jonas Pfeuffer, der Teufelskerl, wie ihn sein Trainer tituliert, nimmt das Ding volley, mit vollem Risiko und trifft zum umjubelten 2:2-Ausgleich. Nach einer weiteren Ampelkarte für Michael Rügamer ist die Partie gegessen.
„Vielleicht hätte man die Partie abbrechen müssen. Aber dann kommt man in Terminschwierigkeiten“, meint ein sichtlich mitgenommener Dieter Noack nach Abpfiff. „Aber wir müssen auch so fair sein, wir haben alle Spieler gefragt, ob sie weiter machen wollen. Wäre Abtswind in der Kabine geblieben, hätten wir das natürlich anstandslos akzeptiert.“
So findet der Sonntagabend doch noch ein halbwegs versöhnliches Ende. Nach hartem, sportlichen Wettkampf, in dem die Gäste nichts geschenkt bekommen, holt sich Egenhausen den einen fehlenden Punkt zur Relegation. Saisonverlängerung für Jonas Pfeuffer und Co. Und während die Spieler feiern, steht Michael Grätz der Schweiß auf der Stirn. Egenhausens 1. Vorstand hat noch eine lange Checkliste abzuarbeiten, ehe am Mittwoch das Abenteuer Relegation beginnt.
Matthias Ley
Das Spiel im Überblick:
TSV Abtswind II: Julian Beßler – Markus Golombek, Christoph Kniewasser, Christoph Hofmann, Michael Rügamer – Janek Wendt, Johannes Knorr, Johannes Primus, Markus Schamberger, Andreas Herrmann, Mladen Grujic. Einwechselspieler: Patrick Hock, Michael Ludwig, Tobias Holzberger, Karsten Krauss, Velibor Teofilovic.
FV Egenhausen: Fabian Weingart – Lukas Rettner, Hannes Römert, Andreas Keller, Christoph Rettner – Louis Kümmet, Jonas Wehner, Tobias Kraus, Manuel Hochrein, Martin Weingart, Tobias Fick. Einwechselspieler: Christian Walter, Jonas Pfeuffer, Daniel Christ, Jan Fuchs, Christian Kraus.
Schiedsrichter: Kevin Seidlitz
Zuschauer: ca. 131
Gelbe Karten: Michael Rügamer, Christoph Hofmann, Michael Ludwig, Tobias Holzberger (Abtswind II) – Tobias Kraus, Jonas Pfeuffer, Christian Kraus (Egenhausen)
Gelb-rote Karten: Christoph Hofmann (Abtswind II, 68., wiederholtes Foulspiel), Michael Rügamer (Abtswind II, 90.+4, wiederholtes Foulspiel)
Tore: 0:1 Tobias Kraus (5.), 1:1 Markus Schamberger (38.), 2:1 Markus Schamberger (57.), 2:2 Jonas Pfeuffer (90.+3)
Die Stimmen zum Spiel:
Velibor Teofilovic (Trainer TSV Abtswind II): „Wenn man sieht, wer mir heute zur Verfügung stand, war die Leistung in beiden Halbzeiten gut. Selbst in den 20 Minuten in Unterzahl hatten wir die besseren Chancen und müssen den Sack viel früher zu machen. Der Fehler zum 0:1 ärgert mich sehr. Wir stehen fünf gegen einen, ein ungenauer Ball in die Mitte, Ballverlust und Tobias Kraus ist schon ein guter. Der hat noch Danke gesagt. Danach habe ich nur noch eine Mannschaft auf dem Platz gesehen, die offensiv gespielt hat. Mit vielen Torabschlüssen für mein Team. Hofmann zwei Mal, Golombek geht eins gegen eins, Andreas Herrmann und Markus Schamberger haben jeweils einen Treffer auf dem Fuß. Wenn wir mit einer Führung in die Pause gehen, darf sich keiner beschweren.
Ohne große Unterstützung durch die erste Mannschaft haben wir den Klassenerhalt geschafft und uns ordentlich präsentiert. Nur in Sömmersdorf haben wir die ersten 20 Minuten verschlafen und zurecht eine Klatsche kassiert. Ansonsten sehe ich kein Team, das uns an die Wand gespielt hätte. Ganz im Gegenteil. Wenn man gesehen hat, wie wir heute gegen den Tabellenzweiten gespielt haben. Ein gerechtes Ergebnis wäre vielleicht ein 8:4 oder etwas vergleichbares gewesen. Klasse Leistung meiner Jungs.“
Dieter Noack (Trainer FV Egenhausen): „Glückliches Unentschieden, gebe ich ganz offen zu. Selbst in Überzahl haben wir es nicht verstanden, mehr Druck aufzubauen. Man merkt meiner jungen Mannschaft den Druck an. Jeder will in die Relegation. Wir gehen früh in Führung. Das ist auch unser Stil, auf die Fehler des Gegners lauern und effektiv zu nutzen. Das haben wir auch gut durch kombiniert. Danach jedoch ziehen wir uns zu weit in die eigene Hälfte zurück, anstatt aufs zweite Tor zu gehen. Nach dem Ausgleich dachte ich, okay dann verwalten wir das Ding. Der schwere Unfall des Abtswinders ist auch an meiner Mannschaft nicht spurlos vorübergegangen. Vielleicht hätte man die Partie abbrechen müssen. Aber dann kommt man in Terminschwierigkeiten. Wäre Abtswind in der Kabine geblieben, hätten wir das natürlich anstandslos akzeptiert. Zum Schluss, diese Hektik, muss ich mir als Schiedsrichter eigentlich nicht reinziehen. Die ersten Ampelkarte war berechtigt ob des taktischen Fouls. Bei der zweiten spürte man den Druck, unter dem alle Beteiligten standen. Insgesamt haben wir die Begegnung unter zu hohem Druck gespielt und wären fast gescheitert.“
Michael Grätz (1. Vorstand FV Egenhausen): „Ich haben mir das Spiel ganz entspannt angesehen. Für unseren Verein wäre es vermutlich besser, wenn wir nicht aufsteigen. Wenn man das gesamte Drumherum in der Bezirksliga sieht, die weiten Fahrten, die neuen Anforderungen. Vom Finanziellen liegt uns die Kreisliga näher, mit unseren vielen Derbys. Aber ganz klar ist doch, die Mannschaft will aufsteigen. Jetzt geht es gegen Rannungen, die richtig offensivstark sind. Und im Erfolgsfall folgt ja bekanntlich eine zweite Runde. Wenn die Jungs das wollen, dann ist das schon okay. Auf den Vorstand kommt jetzt ein Haufen Arbeit zu. Mittwochabend müssen die Grills stehen. Aber wir sind gut vorbereitet. Die Zulieferer sind bereits informiert, der Bäcker, die Brauerei, wir haben uns auch schon um Helfer gekümmert, damit wir uns als würdigen Gastgeber präsentieren.“
In den letzten Wochen schon in bestechender Form, bremst Mladen Grujic eine Horrorverletzung abrupt aus.
Gute Besserung, Mladen. Komm schnell wieder zurück.