„Gut, wenn mich keiner will, laufe ich einfach mal los!“
DJK Altbessingen – TSV Abtswind II 2:3 (1:1)
Trotz 70 Prozent Ballbesitz, spielerisch bevorteilt und zwischenzeitlichem 2-Tore-Vorsprung, schlottern den einen zum Ende hin die Knie. Michael Fery´s Altbessinger hingegen verlieren den Platz an der Sonne, denn in den letzten 10 Minuten reicht es gegen Abtswind II lediglich zu deutlich erhöhtem Blutdruck auf der Zuschauertribüne.
Die Partie hat noch nicht richtig begonnen, da klingelts bereits an der Anzeigetafel. „Hoch stehen, konsequent drauf gehen“, wie Fachmann Mehmet Scholl analysieren würde, bringt Abtswind die frühe Führung durch Außenstürmer Julian Beßler. Gerade noch im Edelzwirn, schon vorne mit dabei. Und wie! Die Gäste setzen Altbessingen vom Anstoß weg unter Zugzwang. Michael Fery sieht es kommen, die Zuschauer ebenfalls, und Altbessingens Schlussmann leistet sich im Eins gegen Eins ein haarsträubend schlechtes Abspiel. Anstatt in der eigenen Viererkette landet der Ball bei Julian Beßler, der nicht lange fackelt und mit rechts ins leere Tor vollendet.
Abtswind dominiert die Anfangsphase. Viel Ballbesitz, mutige Vorstöße, vor allem über die Außenpositionen, münzt das Team des Trainerduos Patrick Gnebner und Robert Brenner in einigen ansehnlichen Torabschlüssen um. Ein vermeidbares Foul an der Mittellinie bringt die Hausherren jedoch wieder heran. „So dämlich darf ich in der Szene nicht ran gehen“, meint Julian Beßler später selbstkritisch. Der fällige Freistoß segelt hoch und weit und Schnee behaftet Richtung Abtswinder Strafraum. „Wir bekommen das Ding einfach nicht aus der Gefahrenzone. Und dann steht Kai Herold am langen Pfosten goldrichtig!“, berichtet Innenverteidiger Christoph Kniewasser. Bis zum Seitenwechsel lässt die Gästedefensive keine weitere, nennenswerte Altbessinger Offensivaktion mehr zu, wenn man von Kai Herolds Abschluss aus spitzem Winkel absieht. Abtswinder Torchancen allerdings sind ebenfalls Mangelware.
Wie schon am ersten Spieltag, wird es in der Kabine magisch. Was auch immer gesagt wurde, anscheinend beweisen Patrick Gnebner und Robert Brenner das intuitive Gespür für die perfekte Tonlage, die richtigen Schlagworte. Mit deutlich mehr Schlagkraft gehen die Gäste das Abenteuer zweite Halbzeit an. Mit einem Doppelschlag durch Christoph Kniewasser (58., Kopfball am kurzen Pfosten) und Markus Schamberger (65., sensationell vorbereiteter Konter von Julian Beßler) zieht die Elf vom Friedrichsberg schnell mit zwei Toren davon.
Die Partie jedoch gehorcht ihren individuellen Gesetzen. Trotz 70 Prozent Ballbesitz und spielerischer Dominanz müssen die Gäste am Schluss etwas zittern. Nach dem Treffer von Mario Full, der plötzlich vollkommen frei vor Abtswinds Keeper Eduard-Alin Wellmann auftaucht, bekommt die Heimelf motivationstechnisch die zweite Luft. Mit viel Einsatz und Moral übersteht die Landesligareserve auch die Altbessinger Brechstange. Nach Abpfiff steht ein verdienter Auswärtsdreier auf dem Konto.
Und dann heißt es, schnell in Schale werfen. Von der Bühne Kreisliga geht es umgehend retour zur parallel weiterlaufenden Hochzeitsfeier von Sebastian Krauß. In schickem Zwirn, modisch mit schmalem Schlips oder mit klassisch gebundener Fliege, lässt sich der Auswärtserfolg superb begießen. Von der Kleiderordnung her klar Champions League. Am kommenden Sonntag gastiert die SG Poppenhausen/Kronungen am Friedrichsberg. Hält die weiße Weste auch über den dritten Spieltag hinweg?
Matthias Ley
Das Spiel im Überblick:
DJK Altbessingen: Daniel Lilienweiss – Stefan Wecklein, Christian Reuter, Dominik Göbel, Peter Reitz, Pascal Warmuth, Marcel Warmuth, Julian Weindner, Sebastian Full, Sven Moehres, Kai Herold. Einwechselspieler: Niklas Full, Mario Full, Fabian Balling, Alexander Kuhn, Steffen Full.
TSV Abtswind II: Eduard-Alin Wellmann – Jona Riedel, Damian Rzedkowski, Christoph Kniewasser, Daniel Kaminski, Patrick Gnebner, Markus Golombek, Markus Schamberger, Julian Beßler, Christoph Hofmann, Lukas Wirth. Einwechselspieler: Daniel Eberhardt, Patrick Hock, Johannes Knorr, Tobias Holzberger, Johannes Primus.
Schiedsrichter: Markus Marschall
Zuschauer: ca. 80
Gelbe Karten: Marcel Warmuth, Sebastian Full (Altbessingen) – Daniel Kaminski, Julian Beßler (Abtswind II)
Tore: 0:1 Julian Beßler (2.), 1:1 Kai Herold (18.), 1:2 Christoph Kniewasser (58.), 1:3 Markus Schamberger (65.), 2:3 Mario Full (70.).
Die Stimmen zum Spiel:
Julian Beßler (Außenstürmer TSV Abtswind II): „Coach meint, hoch stehen und wenn sie kurz raus spielen, gleich pressen, drauf gehen. Markus Schamberger und ich sind vor, haben dem Keeper den Ball abgenommen und rein gewichst. Leider mach ich ein unabsichtliches, taktisches Foul, Freistoß, Kopfball, eins, zwo, drei, drin. Was will man machen. Aber erste Halbzeit waren wir gut, in der zweiten noch besser. Insgesamt war der Sieg absolut verdient. Auch wenn wir zum Schluss etwas zittern mussten.“
Christoph Kniewasser (Verteidiger TSV Abtswind II): „Bevor wir richtig anfangen, haben wir schon 1:0 geführt. Einmal kurz den Keeper angelaufen, der anscheinend noch in der Kabine war. Julian Beßler blockt das verpatzte Zuspiel gedankenschnell ab und schiebt den Ball sogar mit rechts ins leere Tor. Er hat gesagt, dass war vermutlich sein erster Treffer mit rechts. Wir sind immer gut über außen gekommen, vor allem über die linke Seite. Dann ein blödes Foul im Halbfeld. Freistoß, wir verlieren das Kopfballduell. In einer Bogenlampe nach hinten fliegt der Ball an den langen Pfosten. Eduard-Alin und ich waren uns uneins, wer hingehen soll und das nutzt Kai Herold eiskalt aus. Ansonsten hatte Altbessingen nicht mehr viele Chancen. Ein Mal lenkt Eduard-Alin einen Schuss aus spitzem Winkel gegen den Pfosten. Das war es dann auch. Und wir hatten schon einige gute Torabschlüsse, aber kein Durchkommen. In der Halbzeit haben wir uns den ersten Durchgang noch einmal vor Augen geführt. Paar gute Chancen später haben wir Ecke. Ich bin vor, und während die Altbessinger noch diskutiert haben, wer mich nimmt. Da habe ich mir gedacht, gut, wenn mich keiner will, laufe ich einfach mal los und köpfe das Ding am kurzen Pfosten einfach rein. Das 3:1 hat Julian Beßler sauber vorbereitet. Ballgewinn im Mittelfeld, dann spielt Lukas Wirth schnell steil auf „Jules“. Kurz vor dem Keeper quer auf den mitgelaufenen Markus Schamberger. Fertig ist die Laube. Nach dem Gegentreffer waren wir etwas unsortiert. Aber mit Einsatz und Willen überstehen wir auch diese Phase. Am Schluss war der Sieg hochverdient. Wir waren spielerisch besser, haben mehr investiert und hatten auch 70 Prozent Ballbesitz.“
Drei Feierbiester auf der After-Game-Party im Champions League Edelzwirn:
von links Daniel Kaminski und die beiden Torschützen Julian Beßler und Christoph Kniewasser