Neue Saisonziele bei Abtswinds Reserve?
TSV07 Bergrheinfeld – TSV Abtswind II 2:1 (1:0)
„Gegen Abtswind, das bedeutet für mich immer ein enges Spiel, von Taktik geprägt und in der Vergangenheit haben wir oft kurz vor Schluss noch den Ausgleich kassiert.“ Bergrheinfelds Trainer Wolfgang Hau resümiert einen klassischen „Herbst-Kick“ (O-Ton Liveticker). Währenddessen schleicht Abtswinds Landesligareserve vollends bedient aus der Roth-Bier-Arena. Kollektiv kommentarlos. Nur Patrick Hock stellt sich bereitwillig den Fragen des Reporters.
„Bergrheinfeld stand, wie beinahe alle Gegner, sehr defensiv. Deshalb hatten wir auch kaum zwingende Chancen in der ersten Hälfte“, schildert Patrick Hock. Abtswinds offensiver Flügelspieler grinst beschämt in der Weltgeschichte herum. Wieder das Spiel bestimmt. Wieder viel Laufbereitschaft und Engagement in die Partie investiert. Und zum Schluss „schleichen wir vom Platz, wie die Geprügelten. Ich verstehe das wirklich nicht mehr.“ Bergrheinfeld reicht ein konstruktiver Gegenstoß für den Führungstreffer. Die Szene im Zeitraffer: Sauber wird über Innenverteidiger Moritz Baum aus der Abwehr heraus kombiniert. Abtswinds Mittelfeld ist kurzzeitig indisponiert, weil gedanklich noch mit dem eigenen, abgeblockten Angriffsversuch beschäftigt. Die Viererkette steht beim Flankenlauf von Außenverteidiger Fabian Goeller höflich Spalier. Gefühlte fünf Meter Sicherheitsabstand liegen zwischen beiden Parteien. Von der Grundlinie aus bedient Bergrheinfelds bester Akteur seinen mitgelaufenen Kollegen Florian Streng. Per Schienbeinschoner-Aufsetzer platziert Bergrheinfelds Streng die Pille im Abtswinder Kasten. Der Zweck heiligt die Mittel. Es muss nicht immer die filigrane Breitseite sin. Offensichtlich reicht auch ein gedankenschneller Hackschnitzeltreffer, ein Kacktor aus dem Lehrbuch, zum 1:0.
Die Gäste vom Friedrichsberg knabbern lange an diesem Rückschlag. Erst gegen Ende der ersten Hälfte blitzt so etwas wie Gefahr vor dem Bergrheinfelder Tor auf. „Allein ich habe vier, fünf Mal in die Mitte geflankt. Viel zu ungenau“, berichtet Andreas Herrmann, Abtswinds zentraler Mann hinter den Spitzen, der immer wieder auf die Flügel ausweichen musste. Die Truppe von Bergrheinfelds Trainer Wolfgang Hau setzt die taktischen Vorgaben exzellent um. Die Außenpositionen werden konsequent abgedeckt. Auch in der Zentrale rührt man Stahlbeton an. Und nach vorne sorgt immer mal wieder Kapitän Florian Walter für gesteigerten Blutdruck bei Abtswinds Defensiv Verbund.
Ohne in größere Verlegenheiten zu geraten, nimmt Bergrheinfeld die Führung mit in die Kabine. „Dort habe ich meinen Jungs gesagt, spielt einfach so weiter und nutzt Eure Konterchancen besser aus“, berichtet Wolfgang Hau. „Es ist doch immer wieder seltsam. Man hat eine Führung im Kopf und versucht, diese zu verteidigen. Dann ist man nach vorne nicht mehr so präsent.“
Mitte der zweiten Hälfte zwitschert Bergrheinfelds Liveticker mit halb erfrorenen Flossen: „Typischer Herbstkick. Kaum Chancen auf beiden Seiten“ Weitere Twitter Meldungen hat diese Partie bislang auch nicht verdient. Abtswind kommt zwar optisch besser in diesen zweiten Durchgang. Echte Torchancen bleiben jedoch Mangelware. „Irgendwie haben wir kaum Zwingendes zustande gebracht“, meint Abtswinds Andreas Herrmann und nimmt sich dabei selbst in die Pflicht. Auch die Auflösung aller defensiven Vorgaben durch Trainer Velibor Teofilovic zeigt kaum Wirkung. Wenn man mal davon absieht, dass Christoph Hofmann und Christoph Kniewasser, quasi als verbliebene „Viererkette“, hinten Spitz auf Knopf agieren müssen. Alle weiteren Gästeakteure konzentrieren sich auf die eigenen Angriffsbemühungen.
Die Schlussphase hat es in sich. Plötzlich taucht Bergrheinfelds junger Mittelstürmer frei, 6 Meter vor Abtswinds Torwart auf. Obwohl bislang kaum gefordert, pariert Eduard-Alin Wellmann den Drehschuss von Julian Konrad sensationell. Großer Sport von beiden Spielern. Kurz darauf sieht Julian Pfister seine zweite gelbe Karte und verlässt den Platz. In Überzahl drängen die Gäste weiter nach vorn. Ein Freistoß führt zum Ausgleich durch Christoph Hofmann, der die Pille am langen Pfosten direkt versenkt. Durch die Hosenträger von Bergrheinfelds gutem Schlussmann Florian Mueller.
An der Linie zappelt Wolfgang Hau unkontrolliert herum. „Der Freistoß zum 1:1-Ausgleich war aus meiner Sicht unberechtigt. Es ist ärgerlich, dass wir aus dieser Situation den Ausgleich kassieren“, grantelt Bergrheinfelds lautstarker Chefanweiser. Plötzlich ist alles wieder offen. Sieg, Niederlage, Remis, Spielabbruch, alle denkbaren Optionen scheinen möglich. Mit großer Moral und Selbstaufopferung tritt die Heimelf noch einmal auf die offensive Bühne . Nach einer undurchsichtigen Szene entscheidet der junge, aber glänzend pfeifende Unparteiische Tobias Fritz auf Freistoß für Bergrheinfeld. Felix Baum legt sich das Spielgerät umsichtig zurecht und schweißt den Ball dann sehenswert über die Mauer ins Gamberle. An der Außenlinie ist Wolfgang Hau einen Moment sprachlos, ehe es aus ihm herausbricht: „Seit ewigen Zeiten wieder einmal ein Freistoßtor für uns. Umso mehr freue ich mich, wenn so ein Ding nach vielen Versuchen auch reingeht.“
Die letzten Minuten trudeln erbarmungslos von der Uhr. Aljoscha Keßler bekommt noch eine Chance, köpft diese allerdings über die Latte. Eric Köhler bringt einen Freistoß scharf rein. Zunächst verpasst Andy Herrmann aus 2 Metern, dann Markus Schamberger. Der umjubelte Schlusspfiff ertönt. Erst danach sackt die Körpersprache bei Abtswinds Kickern in sich zusammen. Kaum einer, der das ewig gleiche schildern und auch begründen mag. Versteinerte Minen, hängende Köpfe, unterschwellig brodelt die Wut im Bauch.
Die bisherige Bilanz der zweiten Abtswinder Mannschaft gleicht einer Achterbahnfahrt. 2 Siege, 4 Niederlagen, 3 Siege, erneut 3 Niederlagen. Zur zwangsläufigen Frage an Co-Trainer Frank Hufnagel, wo der Schuh zwickt, kommt ein lapidares „Kein Kommentar. Das müssen wir intern klären, mit der Mannschaft, mit allen Beteiligten.“ Narrhallamarsch und Auszug der Geprügelten aus der Roth-Bier-Arena zu Bergrheinfeld. In bester Bodo Bach Manier: Ich verabscheue mich und gebe zurück in die angeschlossenen Sportheime.
Matthias Ley
Das Spiel im Überblick:
TSV07 Bergrheinfeld: Florian Müller – Felix Baum, Moritz Baum, Fabian Goeller, Jens Hart – Tobias Rudloff, Julian Pfister, Florian Streng, Sebastian Werner – Florian Walter – Julian Konrad. Einwechselspieler: Eren Elmali, Markus Friedel, Markus König, David Roesch, Michael Dotzel (ETW).
TSV Abtswind II: Eduard-Alin Wellmann – Daniel Kaminski, Sven Gibfried, Christoph Hofmann, Markus Golombek – Eric Köhler, Markus Schamberger – Axel Zehnder, Andreas Herrmann, Patrick Hock – Aljoscha Keßler. Einwechselspieler: Michael Rügamer, Mladen Grujic, Christoph Kniewasser, Velibor Teofilovic.
Schiedsrichter: Tobias Fritz
Zuschauer: ca. 55
Gelbe Karten: Florian Walter, Julian Pfister (TSV07 Bergrheinfeld) – Christoph Hofmann, (TSV Abtswind II)
Gelb-rote Karte: (82., wiederholtes Foulspiel, TSV07 Bergrheinfeld)
Tore: 1:0 Florian Streng (19.), 1:1 Christoph Hofmann (79.), 2:1 Felix Baum (87.).
Die Stimmen zum Spiel:
Frank Hufnagel (Co-Trainer TSV Abtswind II): „Komm mir nicht auf die freundschaftliche Tour. Heute möchte ich wirklich keinen Kommentar abgeben. Man hat doch gesehen, dass wir zu 80 Prozent das Spiel beherrscht haben. Hinten haben wir kaum etwas zugelassen, mit Ausnahme des 0:1. Da haben wir gepennt. Offensiv war das heute ein Offenbarungseid. Bis zum Strafraum konnten wir kombinieren. Dann was es rum. Da standen die Bergrheinfelder kompakt. Und in diesen Situationen hatten wir keine passende Antwort parat. Ideenlos, kaum direktes Spiel, über 90 Minuten keine einzige herausgespielte Torgelegenheit. Das spricht für sich. Aljoscha Keßler bekam auch keine verwertbaren Flanken oder Zuspiele in den Fuß. In der Kabine hat Velibor Teofilovic kurz den Fehler zum 0:1 angesprochen und vorgegeben, gezielter nach vorne zu spielen. Aber bis auf ein paar Freistöße und die großen Torchancen kurz vor Schluss von Markus Schamberger und Andreas Herrmann war doch nichts. Gerade die Gelegenheit von Markus Schamberger ist so eine Sache. In Kerl, der Ansprüche auf Bezirksliga anmeldet, was auch in meinen Augen vollkommen legitim ist, gerade so ein Spieler muss solche Chancen nutzen. Da gibt es keine zwei Meinungen.“
Wolfgang Hau (Trainer TSV07 Bergrheinfeld): „Für uns war es gut, dass wir in Führung gehen konnten. In den letzten Wochen hat es sich abgezeichnet, dass meine Mannschaft hinten gut und kompakt steht. Für den Gegner wird es immer schwieriger, gegen uns zu treffen. Was mir absolut nicht gefallen hat, vor allem in der ersten Halbzeit, war die mangelnde Konsequenz bei unseren eigenen Kontern. Die müssen wir besser zu Ende spielen. Mit dem 2:0 wäre es etwas einfach gewesen. Aber gegen Abtswind muss man 90 Minuten hellwach sein. Nach vorne hat Abtswind unheimlich Qualität. Nach dem Seitenwechsel waren wir nicht mehr so präsent im Angriff. Da ist der Gegner deutlich besser in die Partie gekommen. In der Schlussphase war Pfeffer drin. Der Freistoß zum 1:1-Ausgleich war aus meiner Sicht unberechtigt. Es ist ärgerlich, dass wir aus dieser Situation den Ausgleich kassieren. Dann schweißt Felix Baum einen Freistoß direkt in den Winkel. Seit ewigen Zeiten wieder einmal ein Freistoßtor für uns. Umso mehr freue ich mich, wenn so ein Ding nach vielen Versuchen auch reingeht. Wenn ich die letzten drei Jahre betrachte, wo wir gegen Abtswind immer wieder kurz vor Schluss noch den Ausgleich bekommen, dann war der Sieg heute verdient. Gerade auch wenn man sieht, wie wir in Unterzahl aufopferungsvoll gekämpft haben. “
Patrick Hock (Spieler TSV Abtswind II): „Anfangs sind wir unkonzentriert aufgetreten und fangen uns wieder einmal ein dummes Gegentor. Eigentlich hatten wir das ganze Spiel unter Kontrolle, geben ohne Ende Gas. Bergrheinfeld stand, wie beinahe alle Gegner, sehr defensiv. Deshalb hatten wir auch kaum zwingende Chancen in der ersten Hälfte. Langsam nervt es. Jede Woche das gleiche Spiel. Es muss etwas passieren, sonst können wir uns vom Saisonziel verabschieden.“
Christoph Hofmann (Spieler TSV Abtswind II): „Letzten Endes fehlte die Effizienz, beziehungsweise die Präzision beim letzten Pass in die Spitze. Nach 20 Minuten bekommen wir wieder ein dummes Gegentor, rennen einmal mehr das ganze Spiel dem Rückstand hinterher. Sind wir ja schon gewohnt. Irgendwann gelingt uns sogar der 1:1-Ausgleich in Überzahl und dann kriegen wir durch einen Freistoß das nächste Gegentor. Wie jedes Wochenende. Obwohl wir hinten recht offen agieren mussten, damit wir mehr Druck in die Offensive bekommen, haben wir defensiv kaum etwas zugelassen. Und vorne fehlt uns schlicht und einfach das Glück. Andy Herrmann hatte eine große Chance, Markus Schamberger ebenfalls, Patrick Hock´s Schuss streicht knapp über die Latte. Wären die Chancen gegen uns gewesen, hätten wir uns noch zwei Tore eingefangen. Gerade in den letzten 10 Minuten einer Begegnung ist es vorbei mit der offensiven Herrlichkeit. An der Mannschaft liegt es nicht, dass der Erfolg ausbleibt. Wer uns zuschaut, erkennt, dass wir jedes Mal klar im Vorteil sind. Unsere kleinen, individuellen Fehler werden vom Gegner jedes Mal eiskalt ausgenutzt. Wenn wir aus der zweiten Reihe schießen, geht der Ball sicher über die Latte. Im letzten Spiel der Rückrunde schweißt mein Gegenspieler den Ball aus 30 Metern in den Winkel. Das schafft der Kerl in seiner Karriere kein zweites Mal. Woche für Woche hörst Du die gleichen Aussagen: Gegen Abtswind gelingt dir alles. Und am Ende sind wir, obwohl wir die bessere Mannschaft waren, die Doofen. Aber wie soll das besser werden? Dienstags sind fünf Mann beim Training. Taktisch kannst du kaum etwas einstudieren. Trainingsbeteiligung unterirdisch, wenn es gut läuft vielleicht acht Mann und am Wochenende tauchen plötzlich mehr als 14 auf. Die aktuelle Situation heißt Klasse erhalten bis auch wir einmal in den Glückstopf reinlangen.“
Andreas Herrmann (Spieler TSV Abtswind II): „Aus unserem spielerischen Potential holen wir nicht das Erreichbare heraus. Nicht 80 oder 70 Prozent, aktuell gehen wir die Spiele nur mit 30 Prozent an. Das reicht zu nichts. Es soll bitte niemand mehr von Aufstieg oder ähnlichen Ambitionen reden. Das wird mir langsam peinlich. Unser Ziel kann nur der Klassenerhalt sein.“
Wollte zunächst keinen Kommentar abgeben: Co-Trainer Frank Hufnagel