Zur Abschwinner Kirchweih bieten Abtswind und Schweinfurt viel Gesprächsstoff
TSV Abtswind II – DJK Schweinfurt 1:0 (0:0)
Ein 1:0-Ergebnis, welches nicht nur Schiedsrichter Stefan Kuffer noch lange im Magen liegen wird. Eigentlich ein taktisch geprägter Mittelfeld Fight um die grüne Mittelfeldachse bis zu dieser ominösen Doppelszene Ende der zweiten Halbzeit. Eine rote Karte und eine fürchterliche Verletzung drücken einer stinknormalen Kreisligapartie einen beinahe legendären Stempel auf, wie auch immer man diese Krasse Nachtsitzung auf dem Nebenplatz bewerten möchte.
Ja, man macht es spannend für die nicht Anwesenden, diejenigen Exemplare, die keine Lust auf diese Partie verspürten. Wobei der Begriff „Spannung“ an diesem Freitag Nachmittag zunächst wenig Strahlkraft besaß. Beide Seiten arbeiteten Fußball. Zelebrieren, Kombinieren, Konfetti und Kirchweih Sensationen, von all dem ist diese Kreisliga Partie zunächst weit entfernt. Abtswind und Schweinfurt nehmen die vorab prognostizierten Positionen ein. Oder wie es der ehemalige Abtswinder BOL-Akteur Sascha Cäsar formuliert: „Uns war klar, dass Abtswind technisch die beste Mannschaft der Kreisliga stellt. Als wir dann die Mannschaftsaufstellung mit Pascal Kamolz vorne drin gelesen haben, wussten wir, dass wir nicht offen spielen dürfen.“ Die Mannschaft von Spielertrainer Dominic Nastvogel stellte sich bereits die ganze Woche auf diese Abwehrschlacht ein. Und zunächst geht der Matchplan der Gäste auch voll auf. Nadelstiche setzen und hinten Beton. Soweit so gut, wäre da nicht das diabolische Duo in Abtswinder Reihen, die Ausnahmekönner Pascal Kamolz und Patrick Hock. Schweinfurts Keeper Andre Schmidtke ist es jedenfalls zu verdanken, dass es zur Halbzeit nur torlos in die Kabine geht.
Die ersten Minuten nach dem Seitenwechsel gehören ganz klar Abtswind. Nach einem eklatanten Abspielfehler schaltet die Landesligareserve blitzschnell um. Eric Köhler spielt letztlich steil auf Pascal Kamolz. „Wenn ein Spieler vom Format eines Pascal Kamolz allein vor dem Tor steht, kann er den Keeper fragen, wohin er den Ball haben möchte“, resümiert Sascha Cäsar. Doch die Führung sorgt nicht für Sicherheit auf Abtswinder Seite. Die Partie entwickelt sich immer mehr zum offenen Schlagabtausch zwischen den Strafräumen. In der 75. Minute zückt Schiedsrichter den knallroten Karton. Schweinfurts Mittelfeldspieler Christian Neeb soll seinen Gegenspieler mit „Spast“ tituliert haben – oder seine eigenen Kollegen. Das ist kaum mehr aufzulösen. Ob man diesen sprachlichen Lapsus jedenfalls gleich so radikal bewerten muss, bleibt wirklich dahingestellt in einer Begegnung, die bislang absolut fair vonstatten ging.
Okay, der erste Schock ist kaum verdaut, da läuft Abtswinds Außenverteidiger Daniel Kaminski Schweinfurts stürmischen Gegenüber Alexander Beyhl ab. Ein Stollen trifft das Scheinfurter Schienbein oberhalb der Schienbeinschoner. Offene Wunde. Verdacht auf offenen Bruch. Der Notarzt kommt, zumindest die stationäre Variante. Aus der Luft kündigt ein „FlappFlapp“ den ADAC-Helikopter an. Alles Gute an dieser Stelle. Komm schnell auf die Beine, mein Jung. Und die Minuten rinnen gnadenlos von der Uhr. Wenn einer schwerverletzt auf dem Platz liegt, dann steht der Fußball abseitz. Zu Recht. Viele Zuschauer prognostizieren bereits ein Wiederholungsspiel ob der fortgeschrittenen Uhrzeit, plädieren auch beinahe schon dafür. Zur Verwunderung vieler Zeugen entscheiden sich beide Seiten dafür, die Partie auf dem Nebenplatz mit halbwegs tauglicher Flutlichtanlage zu Ende zu bringen. Emotionen kochen hoch in den verbleibenden 13 Minuten. Obschon in Unterzahl ist Schweinfurt deutlich agiler, Spiel bestimmender. In der letzten Szene küsst ein Scheinfurter Freistoß noch das Abtswinder Gebälk. Dann ist endlich Schluss. Für viele Zeitzeugen eine echte Erlösung, bevor noch mehr passiert. Auch Abtswinds Trainer Velibor Teofilovic ist zuletzt erleichtert, dass diese Partie nicht noch in de Verlängerung geht. Von Freude-Freude-Gefühlen für die drei gewonnenen Punkte ganz zu schweigen.
Überschrift für „Kreisliga, das Bier gewinnt“: Kreisliga ist … wenn der Helikopter Deinen Außenverteidiger mitnimmt und Du trotzdem die restlichen 13 Minuten auf dem Ausweichplatz runter tickerst. Mit allem was so dazu gehört: Statt Begrenzungslinien oxidieren Traningshütchen motivationslos auf dem Nebenplatz. Bei funzeligen 400 Lux schenken sich beide Seiten nicht die Butter auf der Wurststulle. Auch für die Zuschauer ein surreales Bild, welches man nicht alle Tage geboten bekommt. Was man auch nicht alle Tage sehen möchte.
Matthias Ley
Das Spiel im Überblick:
TSV Abtswind II: Timo Katzenberger – Daniel Kaminski, Christoph Hofmann, Christoph Kniewasser, Markus Golombek – Markus Schamberger, Eric Köhler – Maximilian Heß, Patrick Hock, Mladen Grujic – Pascal Kamolz. Einwechselspieler: Thorsten Götzelmann, Julian Beßler, Aljoscha Keßler, Sven Gibfried, Velibor Teofilovic.
DJK Schweinfurt: Andre Schmidtke – Juergen Reiher, Alexander Beyhl, Nino Tresnak, Christian Neeb – Sebastian Schuler, Dominic Nastvogel, Sascha Cäsar, Markus Zink – Julian Schuler, Markus Weber. Einwechselspieler: Erkan Akdemir, Marco Reuss-Morel, Peter Leipold.
Schiedsrichter: Stefan Kuffer (Würzburg)
Zuschauer: ca. 50
Gelbe Karten: Daniel Kaminski, Christoph Hofmann, Julian Beßler, Sven Gibfried (TSV Abtswind II) – Nino Tresnak, Juergen Reiher, Sebastian Schuler, Markus Zink (DJK Schweinfurt)
Rote Karte: Christian Neeb (DJK Schweinfurt)
Tor des Tages: 1:0 Pascal Kamolz (47.).
Die Stimmen zum Spiel:
Velibor Teofilovic (Trainer TSV Abtswind II): „Wir haben einen guten Gegner erwartet, der im 4-4-2 System verteidigt. Wir wussten um die Qualitäten eines Julian Schuler, der letzte Saison beinahe die Hälfte aller Tor geschossen hat. Zwei, drei Male hat er es gegen Christoh Hofmann im Eins-gegen-Eins probiert und den Kürzeren gezogen, war aber stets brandgefährlich. Mit zunehmender Spieldauer sind wir immer besser in die Partie gekommen und hatten auch Torchancen. Bessere Gelegenheit kannst du dir einfach nicht heraus spielen. Da hat Schweinfurts Keeper einige Male sensationell pariert. Zur Halbzeit müssen wir schon mit 2:0 führen. Die zweite Halbzeit war schon ausgeglichener. Nach der roten karte und der heftigen Verletzungsunterbrechung wollten wir eigentlich aufhören. Aber Auch die Scheinfurter Seite plädierte dafür, das Spiel zu Ende zu bringen. Was oben auf dem Nebenplatz passierte, hatte mit Fußball wenig zu tun. Meiner Meinung nach hätten wir die Partie wiederholt. Spätestens wenn sich einer das Bein bricht, dann ist Fußball nebensächlich. Ob Kreisliga oder Bundesliga ist mir egal.“
Dominic Nastvogel (Trainer DJK Schweinfurt): „Wir wussten von Anfang an, dass wir spielerisch heute auf keinen Fall mithalten konnten. Deshalb haben wir uns taktisch gut auf Abtswind eingestellt, die für mich zu den spielstärksten Mannschaften der Kreisliga gehören. Immer wieder haben wir versucht, die Räume eng zu machen, was uns bis auf seltene Gelegenheiten in der ersten Hälte ganz gut gelungen ist. Deshalb auch die Aufstellung mit nur einer Spitze, dem Julian Schuler, dahinter zwei offensive Mittelfeldspieler mit mir selbst und Markus Wanker. Wir waren defensiv ausgelegt, auf Konter lauernd, ohne zu tief zu stehen. Meiner Meinung ist uns das in der ersten Halbzeit ganz gut gelungen. Unser Keeper Andre Schmidtke läuft eigentlich für die zweite Mannschaft auf. Aber heute hat er sich ein Sonderlob verdient gegen Pascal Kamolz und Patrick Hock. In der Kabine habe ich meine Jungs gelobt, was auch nicht immer vorkommt. Einfach nur so konsequent weiterspielen, wie bisher. So haben wir uns das vorgestellt. Ich bin relativ selten zufrieden. Heute bin ich mit den 90 Minten zufrieden bis auf den Tiefschlaf in den ersten fünf Minuten nach dem Seitenwechsel. Da haben wir veritabel gepennt und auch folgerichtig das Gegentor kassiert. Aber selbst nach dem Rückstand hatte Abtswind kaum Möglichkeiten. Im Gegenteil, wir haben die Partie bestimmt. Vielleicht hätten wir einen Elfmeter bekommen müssen, können, ich weiß es nicht, da ich nicht wirklich auf Höhe war. Die Nachspielzeit auf dem Nebenplatz war surreal.“
Sascha Cäsar (Spieler DJK Schweinfurt): „Uns war klar, dass Abtswind technisch die beste Mannschaft der Kreisliga stellt. Als wir dann die Mannschaftsaufstellung mit Pascal Kamolz vorne drin gelesen haben, wussten wir, dass wir nicht offen spielen dürfen. Genau das haben wir auch die ganze Woche trainiert, verschieben, defensiv arbeiten und auf Konter lauern. Hinten sicher stehen und selbst Nadelstiche setzen: Das war unser Matchplan. Der platzierte Steilpass auf den Julian Schuler, der leider beruflich oft verhindert ist und uns oft schmerzlich fehlt, kam leider nicht oft an. In dieser Abwehrschlacht muss man unserer Mannschaft ein riesen Kompliment machen. In der Kabine haben wir uns auch wieder viel vorgenommen, vom Kämpferischen her, die Laufarbeit beibehalten. Auch dieses Mal hatte der Trainer etwas zu kritisieren. Wenn Abtswind zu weit aufgerückt ist, sollten wir konsequenter und pärziser nach vorne spielen. Dann haben wir gleich die ersten Minuten nach dem Seitenwechsel komplett gepennt. Wenn Kamolz allein vor dem Tor steht, kann er den Keeper fragen, wohin er den Ball haben möchte. Und dass am Ende die Emotionen so hochkochen, dass gehört zum Fußball einfach dazu. Verletzung oder rote Karte hin oder her. Meiner Meinung nach hat der Schiedsrichter heute auch einen komischen Part gespielt in einer Partie, in der es kaum etwas zu pfeifen gab.“
Stand schon Mitte der ersten Hälfte kurz vor der Ampelkarte. Hatte Schweinfurts besten Konterstürmer Julian Schuler jedoch meist im Griff und bereinigte einige brenzlige Szenen mit viel Herzblut: Christoh Hofmann