Der Neuling hat rasch Fuß gefasst, doch das schützt den 21-Jährigen nicht vor Leistungsschwankungen
TSV Abtswind – 1. FC Lichtenfels 3:0 (1:0)
Man sah es in den zurückliegenden Spielen: Abtswind brachte Leistung, doch der Ertrag war unbefriedigend. Der Start in die Saison fiel anders aus als gedacht. Nun kam es umgekehrt: Obwohl spielerisch nicht überzeugend, fuhr die Mannschaft von Petr Skarabela gegen Lichtenfels die Punkte ein. „Es war ein Arbeitssieg“, erkannte der Trainer.
Nach vier Spieltagen stellt der TSV Abtswind den besten Torschützen der Landesliga. Es ist nicht etwa, wie zu vermuten wäre, Pascal Kamolz, Jürgen Endres oder Jörg Otto. Der Mann der meisten Treffer, vier an der Zahl, ist ein Emporkömmling. Steffen Barthel spielte vorige Saison noch eine Klasse tiefer in der Bezirksliga. Nach seinem Wechsel gab Trainer Petr Skarabela dem 21-Jährigen auf Anhieb einen Stammplatz in seiner Elf. Erstaunlich schnell fand sich Barthel in der neuen Umgebung zurecht. Im Mittelfeld zeigte er seine Klasse – und vor dem Tor seine Abgeklärtheit. Doch Barthel ist noch jung, und Leistungsschwankungen sind nicht ausgeschlossen.
Das spürte der Student aus Gelchsheim im tiefsten Ochsenfurter Gau erstmals in seiner noch kurzen Abtswinder Zeit am Samstag gegen den 1. FC Lichtenfels. „Er war überhaupt nicht im Spiel. Ihm sind die Bälle versprungen, die Zuspiele klappten nicht. Er hat sich gequält“, stellte Skarabela fest. „Ich war kurz davor, Steffen auszuwechseln.“ Jonas Wirth lief sich in der ersten Halbzeit bereits warm. Noch einige Augenblicke, und Skarabela hätte den Tauschbefehl gegeben. Dann aber passierte Unvorhergesehenes. Abtswinds Thilo Wilke zog zum Tor, scheiterte am Lichtenfelser Schlussmann Hannes Köster, und Steffen Barthel nickte den hoch zurückprallenden Ball von der Strafraumkante ein (36. Minute).
Der Führungstreffer, Barthels viertes Saisontor, gab ihm die Initialzündung, den Schub, den er brauchte, um sich zurechtzufinden. Kurz nach dem 1:0 legte Barthel einen unnachahmlichen Sololauf durchs Mittelfeld hin. Ausgewechselt wurde er erst in der 80. Minute. „Man sieht, was es mit einem Fußballer macht, wenn er eine gute Aktion hat. Es stand ein ganz anderer Mensch auf dem Platz“, sagte Petr Skarabela, der dem verheißungsvollen Neuling Zeit geben will, damit er sich weiterentwickelt.
Der Endstand von 3:0 gegen den Aufsteiger aus Oberfranken konnte ein wenig über den zähen Abtswinder Auftritt hinwegtäuschen. Ganz so souverän, wie das Ergebnis suggerierte, war es nicht, was Skarabelas Elf zeigte. In spielerischer Hinsicht, bislang eine verlässliche Komponente des eigenen Selbstverständnisses, blieb einiges Stückwerk, was auch an einem starken Gegner lag. Lichtenfels begab sich in die Rolle des Außenseiters und schöpfte daraus seine Kraft. „Wir sind ohne Druck hierher gefahren“, sagte Trainer Alexander Grau. „Abtswind war für uns ein Bonusspiel.“ Der Neuling, vor achtzehn Jahren zum letzten Mal in der Landesliga, versteckte sich nicht, zeigte keine Angst – und kam zu guten Aktionen. Besonders als Innenverteidiger Martin Hellmuth mit seinem Kopfball die Latte traf, wackelte Abtswinds Vorsprung (45.+1).
„Wir passen uns oft dem Gegner an. Gegen starke Mannschaften sind wir gut“, fand Grau eine Erklärung für das Spiel seiner Mannen, das in der Landesliga für die meisten Neuland bedeutet. Das gilt für die jungen Trainer, die die Mannschaft im Gespann führen, gleichermaßen: Alexander Grau ist 38, Christian Goller gerade mal 33. Spieler ziehen sich die Lichtenfelser in der Regel aus dem eigenen Nachwuchs heran. „Wir mussten uns physisch, gerade was Handlungsschnelligkeit und Tempo angeht, schnell anpassen“, skizzierte Alexander Grau die Unterschiede zur Bezirksliga, in der die Oberfranken Meister geworden waren. Die Chancenverwertung erwies sich am Samstag ausbaufähig: Ungewöhnlich, dass Abtswind überhaupt so viel zuließ, doch Martin Hellmuth, Daniel Oppel (sogar dreimal) und Steffen Hönninger vergaben. In drei Situationen bewahrte Torhüter Florian Warschecha sein Team in überragender Manier vor Schlimmerem. Besonders seine Parade gegen Hönninger in der 80. Minute war von immenser Bedeutung. Ein Gegentreffer, und es wäre in der Schlussphase womöglich zu einer Zitterpartie geworden. Abtswind hatte sich ohnehin abgemüht und war dazu übergegangen, eher das eigene Tor zu sichern, statt auf weitere Treffer zu drängen. Ein Strafstoß, verursacht von Niklas Lulei an Pascal Kamolz, musste zur 2:0-Führung durch Przemyslaw Szuszkiewicz helfen (51.). „Wir sind in der Landesliga in Anführungszeichen der FC Bayern“, sagte Abtswinds Trainer Skarabela. „Jeder Gegner versucht, uns mit 150 Prozent Leistung zu schlagen.“ Schweinfurt und Unterpleichfeld war das trotz spielerischer Unterlegenheit gelungen. „Mit sechs Punkten liegen wir im Durchschnitt. Eigentlich müssten wir drei bis vier Zähler mehr haben“, beurteilte Skarabela die Lage, und er entschuldigte sich gleichzeitig für die Leistung vom Samstag: „Ich bin zuversichtlich, dass die Mannschaft wieder anders auftritt.“
Dass das Ganze am Ende doch noch nach beschwingtem Fußball aussah, lag an Thilo Wilke. Mit einem Heber voller Gefühl überwand er den Lichtenfelser Keeper zum 3:0 (89.). Wilke war diesmal über die linke Außenbahn gekommen. Mit Frank Hartlehnert hatte er die Seiten getauscht. „Ich wollte wissen, wie Frank mit Carl Murphy auf rechts spielt“, erklärte Skarabela. „Durch den Wechsel kam er besser zur Geltung. Auch Thilo hat mit Przemyslaw Szuszkiewicz gut harmoniert.“
Michael Kämmerer
Das Spiel in der Statistik
TSV Abtswind: Florian Warschecha – Carl Murphy, Nicolas Wirsching, Adrian Graf, Przemyslaw Szuszkiewicz – Steffen Barthel (80. Peter Mrugalla), Jürgen Endres, Frank Hartlehnert (60. Jonas Wirth), Thilo Wilke – Jörg Otto (75. Sven Gibfried), Pascal Kamolz.
1. FC Lichtenfels: Hannes Köstner – Stefan Dietz, Martin Hellmuth, Niklas Lulei, Daniel Schardt (75. Manuel Aumüller) – Tobias Zollnhofer, Pascal Scholz, Markus Mex, Daniel Oppel – Steffen Hönninger, Stefan Fischer (75. Lukas Dietz).
Schiedsrichter: Kevin Rösch (Veitsbronn); Assistenten: David Wagner (Kirchehrenbach), Ertugrul Gül (Großweismannsdorf-Regelsbach).
Zuschauer: 200.
Gelbe Karten: Jürgen Endres, Nicolas Wirsching, Sven Gibfried, Pascal Kamolz (Abtswind); Markus Mex, Pascal Scholz, Niklas Lulei, Manuel Aumüller, Martin Hellmuth (Lichtenfels).
Tore: 1:0 Steffen Barthel (36.), 2:0 Przemyslaw Szuszkiewicz (51., Foulelfmeter), 3:0 Thilo Wilke (89.).
Stimmen zum Spiel
Petr Skarabela (Trainer TSV Abtswind): „Wir haben nicht so gut gespielt wie letzte Woche in Unterpleichfeld und trotzdem gewonnen. Die Leistung der Lichtenfelser hat mich überrascht. Das war unser bester Gegner in dieser Saison. Wahrscheinlich haben sie 120 Prozent abgerufen. Wir haben uns schwergetan: Nicht nur, dass wir zu wenige Chancen hatten. Wir haben hinten zu viel zugelassen. Wir hatten Glück, es war ein Arbeitssieg. Ich schaue auf spielerische Elemente, und die sind zu kurz gekommen. Das stört mich. Das war unsere schlechteste Leistung. Lichtenfels war bissig. Das macht unseren Sieg umso wertvoller. Allerdings haben wir ein Stück weit ausgeglichen, was wir uns letzte Woche mit der Niederlage eingebrockt hatten.“
Alexander Grau (Trainer 1. FC Lichtenfels): „Wir befanden uns in der komfortablen Situation, als Underdog anzureisen. Punkte hatten wir nicht unbedingt eingeplant. Wir wollten uns jedoch nicht verstecken, aggressiv spielen und schnell umschalten. Auch wenn auf der Anzeigetafel 3:0 für Abtswind steht, war das unsere beste Saisonleistung. Unser Plan ist ganz gut aufgegangen. Wir hatten in beiden Halbzeiten je drei gute Möglichkeiten. Daher kann man uns allein vorwerfen, dass wir aus den Chancen keine Tore gemacht haben. Sonst war das für unsere Verhältnisse eine gute Leistung. Der bisherige Saisonverlauf hat gezeigt, dass wir als Aufsteiger konkurrenzfähig sind. Jetzt ist es die Kunst, die Leistung von heute für die nächsten Spiele zu konservieren.“
Pascal Kamolz (Angreifer TSV Abtswind): „Wenn wir gewinnen, habe ich kein Problem damit, wenn ich selbst nicht treffe. Klar, als Stürmer wird man immer an Toren gemessen. Im Moment klappt es noch nicht ganz. Ich arbeite fest daran und bin zuversichtlich. Ob wir mit einer oder mit zwei Spitzen spielen, wie es der Trainer bevorzugt, ist mir relativ egal. Ich kenne beides. Natürlich kann man mit zwei Angreifern sehr offensiv spielen und früh pressen. Dann ist es auch für uns Stürmer einen Tick einfacher. Daher ist es optimal, wie wir aufgestellt sind. Ich war letzte Saison lange verletzt. In der Vorbereitung wollte ich mich wieder heranarbeiten und Spielpraxis sammeln. Dann kommen die Tore von alleine. Ich denke, ich stehe derzeit bei 75 Prozent.“
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