Abtswind muss die Vizemeisterschaft wohl oder übel abschreiben
SpVgg Jahn Forchheim – TSV Abtswind 3:1 (2:1)
Es müsste schon viel passieren, wenn Jahn Forchheim sich diesen Vorsprung noch nehmen ließe. Drei Spieltage vor dem Saisonende hat der frühere Bayernligist nicht nur den ärgsten Verfolger auf Distanz gehalten, sondern ist den wohl entscheidenden Schritt davongezogen, um über die Relegation womöglich umgehend wieder aufzusteigen. Fünf Zähler sind es auf den TSV Abtswind, der nach der 1:3-Niederlage im direkten Aufeinandertreffen keine allzu großen Hoffnungen mehr hegt.
„Sicher? Was ist schon sicher?“ Forchheims Trainer Christian Springer mochte nach dem Schlusspfiff noch keine Glückwünsche entgegennehmen. „Es kann immer noch was passieren“, gab sich der Ex-Profi des 1. FC Köln (163 Erstligaspiele) diplomatisch. Derweil war für seinen Abtswinder Kollegen Petr Skarabela nach der vergebenen Chance, Forchheim auf den letzten Metern abzufangen, die Sache klar: „Ich denke nicht, dass Forchheim sich den zweiten Platz jetzt noch nehmen lässt.“ Dass seine Mannschaft überhaupt noch einmal in den Kampf um die Vizemeisterschaft eingreifen würde, war vor Wochen nicht viel mehr als ein Zerrbild. Sechs Siege in Folge ließen den Rückstand auf zwei Punkte schrumpfen, so dass sich Abtswinds Wohl und Wehe in dieser Saison auf das vorweggenommene Endspiel in Forchheim verdichtete. Der Stellenwert der Partie vor 425 Zuschauern im Stadion am Forchheimer Wasserturm, darunter 100 Anhänger des TSV, erhielt bereits nach fünf Minuten einen erheblichen Einschnitt. Das über Wochen aufgebaute Selbstvertrauen der Gäste schien mit einem Mal weggespült. Statt mit der sprichwörtlich breiten Brust aufzutreten, drohten Skarabelas Spieler unter der Last der Begegnung zusammenzubrechen. Bei Forchheims erstem Angriff geriet Abtswind bereits ins Hintertreffen.
Parierte Schlussmann Patrick Hefner noch den Schuss von Andi Mönius, war es beim zweiten Versuch um ihn geschehen. Steffen Müller brachte die Hausherren mit 1:0 in Führung. „Das Schlimmste, was passieren konnte“, haderte Skarabela, der auf Sieg spielen wollte, weil ein Unentschieden ihm nicht genug erschien. Allerdings hatten seine Akteure ungewohnt große Schwierigkeiten im Zusammenspiel. Besonders wenn eigene Angriffe im Mittelfeld ihren Anfang nehmen sollten, landete der Ball in den Fängen des Gegners, was umgehend einen der vielen gefährlichen Forchheimer Konter zur Folge hatte. „An guten Tagen machen wir achtzig Prozent weniger Fehler“, rechnete Skarabela vor. „Und dann bekommt Forchheim Probleme.“ Stattdessen ergab sich Chance um Chance für den Gegner: Maximilian Göbhardts Versuch in der achten Minute fehlte nicht viel. Und als Patrick Hefner erneut einen Schuss des Mittelfeldspielers abwehrte, knallte Adem Selmani das Leder im Nachsetzen an den Pfosten (20.). Was sich zwischen Forchheim und Abtswind zutrug, war beileibe kein dröger Kick, sondern ein Spitzenspiel, das reichlich Stoff lieferte, auch wenn die Gäste häufig das Nachsehen hatten. Göbhardt hebelte Pascal Kamolz im Strafraum aus, doch den Elfmeterpfiff für Abtswind gab es nicht (16.).
Kampf ohne Ball: Die Abtswinder Sven Gibfried (Zweiter von links) und Przemyslaw Szuszkiewicz (rechts) treffen auf die Forchheimer Dennis Weiler (links) und Maximilian Bauernschmitt.
Mitte der ersten Hälfte vermochte sich das Team tatsächlich aus der Umklammerung befreien und eigene Impulse setzen. Spätestens als Pascal Kamolz auf Peter Mrugallas Zuspiel die Innenverteidigung aufmischte und kraftvoll zum 1:1-Ausgleich abzog, schien die Wende zum Besseren vollbracht (34.). Der Eindruck war jedoch nur von kurzer Dauer: Forchheims David Mai schaffte es in der Tat, vier Gegenspieler inklusive Torhüter zu narren, als er im Sitzen den Ball zum 2:1 ins Netz beförderte. Rückstand hin oder her – die Voraussetzungen, das Spiel zu drehen, schienen sich entscheidend zu verbessern, als die Gastgeber nur noch zu zehnt auf dem Platz standen. Forchheims Dominik Zametzer zerrte Philipp Hummel am Trikot und bekam in der 39. Minute Gelb-Rot. Trainer und Mitspieler mochten sich damit nicht abfinden. Eine hitzige Diskussion mit dem Schiedsrichter folgte. „Die erste Gelbe Karte muss man nicht geben, aber wenn das die Linie des Schiedsrichters ist …“, meinte Christian Springer nach dem Spiel weit weniger emotionsgeladen. Platzverweise erwiesen sich in jüngster Zeit als Forchheimer Manko: Das dritte Spiel hintereinander beendete die Mannschaft unvollständig. Die Frage, die sich zu Beginn des zweiten Durchgangs unweigerlich stellte: Was würde Abtswind die Überzahl bringen?
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten, und sie fiel ernüchternd aus. Ehe die Gäste auch nur einmal gefährlich vor dem gegnerischen Gehäuse aufkreuzten, legte Forchheim einen weiteren Treffer nach. Mal wieder war die linke Seite der Abtswinder offen für Angriffe. Tobias Eisgrub nahm Tempo auf. Im Zweikampf mit Adrian Graf kam er aus dem Tritt. Nach Meinung von Schiedsrichter Jonas Beinhofer reichte das für einen Strafstoß – ein sehr fragwürdiger Entschluss, von dem Maximilian Göbhardt als Torschütze profitierte. Nach weniger als einer Stunde führte der Bayernliga-Absteiger mit 3:1. Dass auf der einen Seite nur zehn Akteure standen, machte sich nicht bemerkbar. Dafür blieb Abtswind zu weit unter seinen Möglichkeiten. „Wir haben einfach einen schlechten Tag erwischt“, stellte Petr Skarabela fest. Die Fehlpässe waren das eine. Dass über die Seiten zu wenig nach vorne kam, war das andere. Immerhin versuchte Abtswind bis zum Schluss sein Möglichstes. So manche Aktion besaß Potenzial, etwa ein Schuss von Jonas Wirth (60.), ein Kopfball von Philipp Hummel (67.) und zwei Abschlüsse von Pascal Kamolz, bei denen Schlussmann Markus Kredel stark reagierte (72.). Ein Wunder, wie von Skarabela zwischenzeitlich herbeigesehnt und durch die Umstellung auf Dreierabwehrkette und ein Sturmtrio forciert, blieb aus. „Zwei, drei Spieler waren heute nicht auf der Höhe“, stellte Skarabela fest. „Wir spielen die Saison noch vernünftig zu Ende.“ Dass Forchheim in den letzten drei Partien zweimal verliert, steht nicht zu befürchten.
Michael Kämmerer
Fußspitze an Fußspitze: Abtswinds Jürgen Endres (rechts) nimmt den Zweikampf mit Forchheims Maximilian Göbhardt auf.
Das Spiel in der Statistik
SpVgg Jahn Forchheim: Markus Kredel – Dominik Zametzer, Dennis Weiler, Patrick Mai, Tobias Eisgrub – Maximilian Bauernschmitt, Maximilian Göbhardt – Adem Selmani (75. Senad Bajric), Andi Mönius (81. Sandro Gumbrecht), Steffen Müller – David Mai (83. Felix Burkel).
TSV Abtswind: Patrick Hefner – Carl Murphy, Sven Gibfried, Adrian Graf, Przemyslaw Szuszkiewicz (79. Jona Riedel) –Jonas Wirth, Jürgen Endres, Peter Mrugalla, Philipp Hummel (69. Frank Hartlehnert) – Steffen Barthel, Pascal Kamolz.
Schiedsrichter: Jonas Beinhofer (Regensburg); Assistenten: Jan Dirrigl (Tangrintel), Matthias Ferstl (Parsberg).
Zuschauer: 425.
Gelbe Karten: Maximilian Göbhardt, Dennis Weiler, Maximilian Bauernschmitt, Tobias Eisgrub (Forchheim); Adrian Graf (Abtswind).
Gelb-Rote Karte: Dominik Zametzer (Forchheim, 39., Foulspiel).
Tore: 1:0 Steffen Müller (6.), 1:1 Pascal Kamolz (34.), 2:1 David Mai (35.), 3:1 Maximilian Göbhardt (57., Foulelfmeter).
Stimmen zum Spiel
Petr Skarabela (Trainer TSV Abtswind): „Wir haben keinen guten Tag erwischt. Forchheim hat verdient gewonnen. Unsere Fehlerquote war richtig hoch. Wir haben sehr viele Bälle in der Vorwärtsbewegung verloren und dem Gegner auf den Fuß gespielt. Jeder zweite Pass kam nicht an. Das haben die Forchheimer genutzt. Sie haben taktisch gut gespielt, mit zehn Mann gut verteidigt und auf die Konter gewartet. Das frühe Gegentor hat uns unsicher gemacht. Das 2:1 so kurz nach dem Ausgleich war spielentscheidend. Wir haben in der zweiten Halbzeit alles probiert, doch die Durchschlagskraft mit fünf offensiven Leuten hat gefehlt. Es ging zu wenig über außen. Gerade die Flanken hatten uns in den letzten Wochen ausgezeichnet. Nach sechs Siegen war ich überzeugt, dass meine Mannschaft den Schwung und die Euphorie ins heutige Spiel mitnimmt. Selbst ein Unentschieden wäre für uns zu wenig gewesen. Ich denke nicht, dass Forchheim sich den zweiten Platz jetzt noch nehmen lässt.“
Christian Springer (Trainer SpVgg Jahn Forchheim): „Es haben sich zwei Mannschaften auf Augenhöhe getroffen, die beide offensiv spielen wollten und versucht haben, auf Sieg zu spielen. Die Gelb-Rote Karte hat uns mehr in die Defensive geworfen, was nicht unserer Spielidee entspricht. Wie meine Mannschaft damit umgegangen ist, war dennoch gut. Wir hätten gerne mehr Ballbesitz gehabt, doch das konnten wir in dem Spiel nicht zeigen, weil wir uns in Unterzahl auf andere Dinge konzentrieren mussten. Zu Beginn ist es uns sehr gut gelungen, unsere Angriffe zu Ende zu spielen und den Abschluss zu suchen. Ich stand nach dem Platzverweis nicht ruhig draußen. Die Abtswinder haben zuletzt überragend gespielt. Sie haben eine Mannschaft, die sich durch ihre Qualität auszeichnet und die Tore machen kann. Wir stehen jetzt fünf Punkte vor Abtswind. Sicher ist was anderes. Es kann immer noch was passieren. Doch es war der ganz große Schritt, um den zweiten Platz zu verteidigen.“
Steffen Barthel (Stürmer TSV Abtswind): „Wir haben kein gutes Spiel gezeigt und verdient verloren, weil wir zu viele Fehler gemacht haben. Es kann nicht sein, dass jeder Ballverlust zu einer Konterchance führt. Das war ein Problem in der Spielstruktur. Mit dem großen Platz sind wir nicht zurechtgekommen. Auf einem kleineren Platz fallen die Fehler im Positionsspiel weniger auf. Forchheim ist eine der wenigen Mannschaften in der Liga, die es konsequent ausnutzt, wenn wir defensiv nicht kompakt stehen. Keine fünf Minuten haben wir kontrolliert und mit Selbstvertrauen gespielt. Wir haben die Bälle einfach hergeschenkt. Deshalb war Forchheim mit zehn Mann besser als wir. Die Saison ist gelaufen. Es kann nicht unser Anspruch sein, einmal sechs Spiele zu gewinnen und damit zufrieden zu sein. Wir haben gegen die direkten Konkurrenten Schweinfurt und Forchheim alle vier Spiele verloren. Wir sind in die Saison gegangen, um aufzusteigen. Der dritte Platz ist für mich zu wenig.“
Nicht zu fassen: Abtswinds Philipp Hummel (links) muss den Forchheimer Adem Selmani gewähren lassen.
Wahl zur Elf der Woche beim Fußballportal Fupa: Für Abtswind abstimmen.