180-Grad Drehung in Unterzahl
TSV Abtswind III / FC Feuerbach – FV Dingolshausen 4:3 (2:2)
Was die dritte Mannschaft heute aufs Parkett legt, erinnert stark an „Tribute“, die legendäre Rockhymne der Indipendent Rocker von Tenacious D. „Was meine Jungs heute wieder an Moral an den Tag gelegt haben, verblüfft mich immer wieder aufs Neue“, meint ein sichtlich aufgewühlter Spielertrainer. Michael Ludwig ist ausgepumpt, körperlich wie emotional nach dieser Berg- und Talfahrt, unterhaltsam für die Zuschauer, „für mich gerade in der ersten Halbzeit unverständlich“, grantelt Ludwig leise.
In der Hauptrolle sehen wir verwegene Burschen in grünen Hosen. Und sie geben die wahrscheinlich unterhaltsamste Vorstellung dieser Saison zum Besten. Wie im kalifornischen Hollywood üblich, fängt der Blockbuster mit einem Interesse weckenden Kracher an. Diesen Teaser schrammt Christian Funk bereits nach wenigen Minuten über die Dingolshäuser Ziellinie. Sensationeller, öffnender Steilpass von Sturmpartner Justin Laudenbach zentral in die Schnittstelle der Dingolshäuser Innenverteidigung gespielt, ein kurzer Sololauf auf Gästekeeper Alexander Finster, der beim abflachenden Torabschluss aus kurzer Distanz nicht die glücklichste Figur macht. Dann begegnet die dritte Mannschaft ihrem persönlichen Dämon.
Wie eben im Film; Tenacious D, das ist eine epische Geschichte zweier artverwandter Seelen, die mitten im geschäftigen, übertrieben hippen Los Angeles aufeinanderstoßen. Selbst soziale Randfiguren inmitten gestylter Models, Schauspieler, Oberschlaumeier, geraten sie gegen organisch gewachsene, gesellschaftliche Widrigkeiten natürlich ins Hintertreffen und stemmen sich verzweifelt gegen ein klischeehaft vorhersehbares Schicksal.
Long time ago me and my brother Kyle here,
We was hitchhiking down a long and lonesome road.
All of a sudden,
There shined a shiny demon,
In the middle of the road,
And he said!
Play the best song in the world, or I’ll eat your souls…
Well me and Kyle,
we looked at each other,
And we each said,
Okay.
In Fußball-Sprech übersetzt, die Heimelf bettelt einmal mehr um ein Gegentor. „Was wir in der ersten Halbzeit abgeliefert haben, war eine Frechheit.“ Michael Ludwig, Spielertrainer der Kombi-Elf aus Abtswind und Feuerbach, ist – höflich ausgedrückt – angepisst. Über weite Strecken machen die Gäste die pace, lassen Ball und Ludwig-Kerle laufen. Lange liegt der Ausgleich in der Luft, bevor es tatsächlich klingelt. Als Fanal einer sehenswerten Ballkombination, bei der Abtswinds Akteure irgendwie weder Zugang zum Ball noch zum jeweiligen Gegenspieler finden, legt Stefanos Stamatakis zentral quer und Thorsten Lange zimmert die Pille aus 20 Metern unhaltbar ins Netz. Weitere gute Gelegenheiten der Dingolshäuser Offensivfraktion verpuffen im Fangnetz.
Und wie im ansprechend verfilmten Monumental-Schinken dreht die Handlung wieder einmal gegen den Wind. „Wir rappeln uns auf, Wagen mehr nach vorne. Guter Freistoß von Sebastian Krauß, weit auf den langen Pfosten gezogen, den ich nur noch rein köpfen muss“, berichtet Michael Ludwig. Währenddessen hüpft sein Dingolshäuser Pendant an der Seitenlinie auf und ab. Walter Hock fiebert mit seinen Jungs, treibt sie erneut auf die andere Seite, peitscht sie sogar zum erneuten Ausgleich. „Nach dem 2:2-Ausgleich hätten wir noch vor dem Wechsel in Führung gehen können“, ist Walter Hock überzeugt. „Aber das haben meine Jungs dann gleich nach der Pause erledigt. Wenn wir die folgenden Chancen halbwegs nutzen, legen wir das 4:2 oder vielleicht sogar das 5:2 nach, und die Messe ist gelesen.“ Ja, die Chancen waren da. Relativ fahrlässig, bisweilen überhastet im Torabschluss, zielen die Bälle mehr oder weniger gefährlich aufs Abtswinder Tor. Gegen Dingolshausens durchgebrochenen Mittelstürmer Robin Kleespies zeigt Keeper Eduard Schneider eine Glanzparade vom Allerfeinsten. Unvermeidlicher Bestandteil im gewohnt sensationsgierigen Hollywood-Plot.
Legen wir noch einige Kohlen aufs Feuer. Nach einem notwendigen taktischen Foul an der Mittellinie schleicht Johannes Baumann mit der Ampelkarte vom Platz. Dramaturgisch befinden wir uns am Nullmeridian, dort, wo man nicht mehr tiefer fallen kann. Alles spricht gegen die Heimelf. Dezimiert, in Rückstand, in die Defensive gezwungen. „Komischerweise waren wir nach Gegentreffer und vor allem der gelb-roten Karte plötzlich wach“, berichtet Abtswinds junger Außenverteidiger Dominik vom Berg. „Vielleicht brauchen wir einfach mal einen Wachmacher, der uns aufrüttelt.“
And we played the first thing that came to our heads,
Just so happened to be
The best song in the world,
It was the best song in the world.
Zentral ersetzt Mac Köhler den angeschlagenen Karsten Krauss und bringt die notwendige Zweikampfhärte mit, um auch bei einem Mann weniger auf dem Feld offensiv den Ball halten und verteilen zu können. Zudem kommt mit Cedric Mix ein frischer Stürmer für den verletzt ausscheidenden Justin Laudenbach. Christian Funk und Sebastian Krauß zerren die Gästedefensive auf den Außenpositionen auseinander. Sobald auch Unterstützung aus der eigenen, aufgerückten Viererkette dazukommt, wird es für die Elf von Walter Hock brenzlig. Ein Foul an Michael Rügamer im gegnerischen Strafraum ahndet der Unparteiische sofort mit Elfmeter. Vom Punkt verwandelt Sebastian Krauß zum 3:3-Ausgleich, schickt Keeper Alexander Finster in die falsche Ecke.
Im Hintergrund dämmert das Happyend herauf. Rosarot luchst Christian Funk seinem Gegenspieler den Ball vom Schlappen, mitten im denkbar negativsten Zeitpunkt, also mitten im Dingolshäuser Spielaufbau. Schnell weiter zum aufgerückten Spielertrainer, den es lange nicht mehr hinten hält. Ein Traumpass von Michael Ludwig, quer durch die Viererkette setzt Sebastian Krauß am langen Pfosten in Szene. Eine kurze Körperwindung, auf den linken Fuß gelegt und unhaltbar unter die Latte geschweißt. Die Partie ist gedreht.
Needless to say,
The beast was stunned.
Whip-crack went his whippy tail,
And the beast was done.
He asked us,
Be you angels?
And we said nay,
We are but men,
Rock!
In der spannenden Endphase vergeben beide Seiten jeweils eine hochkarätige Chance. Nach endlos, die Spannung unnötig aufs Maximum treibenden drei Minuten Nachspielzeit pfeift der Unparteiische dieses hochklassige Spiel ab, das wenig mit dem weitläufig bekannten A-Klasse-Kick gemein hatte.
Michael Ludwig blickt bereits voraus: „In Mönchstockheim erwartet uns eine ganz schwere Aufgabe. Ein Gegner, der in der Tabelle vor uns platziert ist. Bis Sonntag müssen wir uns einigermaßen regenerieren, dann wieder die Kräfte bündeln, um ein gutes Spiel abliefern zu können. Da sich Justin Laudenbach eine Bänderverletzung zugezogen hat, müssen wir einmal mehr improvisieren.“
And the peculiar thing is this my friends,
The song we sang on that fateful night,
It didn’t actually sound anything like this song!
This is just a tribute!
Matthias Ley
Das Spiel in der Statistik:
TSV Abtswind III / FC Feuerbach: Eduard Schneider – Tobias Holzberger, Michael Rügamer, Matthias Winkler, Dominik vom Berg – Johannes Baumann, Michael Ludwig, Karsten Krauss – Sebastian Krauß, Justin Laudenbach, Christian Funk. Einwechselspieler: Lukas Dingeldein, Cedric Mix, Arthur Eberhardt, Marc Köhler.
FV Dingolshausen: Alexander Finster – Jens Hasenkopf, Igu Nathaniel, Jannis Stamatakis, Stefanos Stamatakis – Lukas Maul, Viktor Krueger, Kilian Jopp – Thorsten Lange – Lorenz Melchior, Robin Kleespies. Einwechselspieler: Stefan Resler.
Schiedsrichter: Bruno Scheinhof
Zuschauer: ca. 60
Gelbe Karten: Johannes Baumann, Marc Köhler, Michael Ludwig (Abtswind III / Feuerbach) – Stefanos Stamatakis, Viktor Krueger (Dingolshausen)
Gelb-rote Karte: Johannes Baumann (65., wiederholtes Foulspiel, Abtswind III / Feuerbach)
Tore: 1:0 Christian Funk (7.), 1:1 Thorsten Lange (24.), 2:1 Michael Ludwig (33.), 2:2 Thorsten Lange (43.), 2:3 Kilian Jopp (50.), 3:3 Sebastian Krauß (74., Foulelfmeter), 4:3 Sebastian Krauß (82.).
Die Stimmen zum Spiel:
Michael Ludwig (Trainer Abtswind III / Feuerbach): „Wenn Dingolshausen die ersten Chancen clever raus spielen, dann steht es 0:2 und wir müssen wieder hinterher laufen. Aber wir gehen in Führung und hören danach sofort auf, konzentriert Fußball zu spielen. Der Ausgleich lag schon lange vorher in der Luft. Dann rappeln wir uns auf, gehen wieder in Führung, guter Freistoß von Sebastian Krauß, den ich nur noch rein köpfen muss. Dann verlieren wir wieder unsere Ordnung, meckern uns nur noch an und kriegen noch vor dem Seitenwechsel den 2:2-Ausgleich. In dieser Phase hatte Dingolshausen auch die Chancen, das dritte Tor nachlegen zu können. Von der ersten Halbzeit war ich total enttäuscht. Normalerweise werde ich da richtig laut in der Kabine. Aber ich habe mir gedacht, bleib ruhig, halte deine Nerven zusammen und rede mal Tacheles mit den Jungs, dass es so nicht weitergehen kann, dass wir das besser können. Gut, gleich nach der Pause bekommen wir zwar das 2:3, aber man hat schon gesehen, dass der Trend nach oben geht. Dann muss ich wieder auf die Moral meiner Mannschaft hinweisen, was sie sogar mit 10 Mann wieder gezeigt hat, war Weltklasse. Gegen einen direkten Konkurrenten haben wir mit einem Spieler weniger noch das Spiel gedreht. Da sieht man, dass in dieser Mannschaft alles stimmt. Momentan spielen alle auf dem Niveau, was sie leisten können. Es gibt da keinen, den ich herausheben möchte, weil wir über unseren super Zusammenhalt kommen. Man sieht auch, dass bei uns auch vorne der Knoten geplatzt ist und wir auch in der Lage sind, mal drei, vier Tore pro Partie erzielen können.“
Walter Hock (Trainer FV Dingolshausen): „Von Beginn an haben wir die Partie eigentlich dominiert, hatten einige Chancen, den Sack früh zuzumachen. Abtswind III / Feuerbach war heute einfach effektiver in der Chancenauswertung. Nach dem 2:2-Ausgleich hätten wir noch vor dem Wechsel in Führung gehen können. Aber das haben meine Jungs dann gleich nach der Pause gut gespielt. Wenn wir die folgenden Chancen halbwegs nutzen, legen wir das 4:2 oder vielleicht sogar das 5:2 nach, und die Messe ist gelesen. Die gelb-rote Karte war eher eine Belastung, als Hilfe. Man führt, der Gegner dezimiert sich selbst und plötzlich geben alle ein paar Prozent weniger. Dann pfeift der Schiedsrichter einen wirklich albernen Elfmeter. Ob es ein Foul gegeben hat, möchte ich nicht beurteilen. Er hat gepfiffen, damit hat sich die Sache für mich erledigt. Und dann kriegen wir sogar noch das 3:4 und können in der Schlussphase, wo wir alles noch einmal nach vorne werfen, die Möglichkeiten nicht nutzen. Unsere Chancenverwertung enttäuscht mich sehr. Meiner Meinung nach hätten wir mindestens einen Punkt verdient gehabt.“
Dominik vom Berg (Spieler Abtswind III / Feuerbach): „Anfangs fehlt uns gewöhnlich etwas die Konzentration. Wieso auch immer, aber in den ersten Minuten sind wir nie so richtig wach. Wenn das Spiel einmal läuft, nach ein paar Minuten meist, spielen wir dann flüssiger zusammen. In der Pause hat der Trainer uns überraschend ruhig ermahnt, unser Spiel weiterzuspielen, uns zusammenzureißen. Komischerweise waren wir nach Gegentreffer und vor allem der gelb-roten Karte plötzlich wach. Vielleicht brauchen wir einfach mal einen Wachmacher, der uns aufrüttelt. Dem Elfmeter ist ein klares Foul an Michael Rügamer vorangegangen. Klares Foul, klar innerhalb des Strafraumes. Ob der Sieg verdient war? Manchmal braucht man auch etwas Glück.“
Doppeltorschütze: Sebastian Krauß. Eiskalt vom Punkt und ebenso abgezockt, wie souverän beim 4:3-Siegtreffer.