Seelenbalsam für die Reserve – In einem spielerisch hochklassigen Kreisligaspiel ringt Abtswind II den designierten Tabellenführer nieder
TSV Abtswind II – SV-DJK Nordheim/Sommerach 4:1 (2:1)
Was für ein fulminantes Brett zaubern alle Akteure in diesem Schlagabtausch aufs schmierige Geläuf. Ein Auftritt beider Seiten, der die Lust auf mehr befeuert. In einem hochklassigen Kreisliga Fight schenken sich Abtswind II und Nordheim/Sommerach nicht die Bohne im Kaffeesatz, nicht das zerknautschte, dreiblättrige Kleeblatt unterm modisch gepimpten Stollenschuh. Eine Partie unter fränkischem Dauerniesel Regen mit dem besseren Ausgang für die zuletzt arg gebeutelte Landesligareserve.
„Typische Aktion“, grantelt Abtswinds Trainer Velibor Teofilovic später am Stehtisch mit einem gut gekühlten deutschen Nationalgetränk in der rechten Flosse. „Wir fangen stark an und legen uns wieder so ein unglaubliches Gegentor selbst rein. Ich könnt kotzen.“ Und behält den Sonntagsbraten dann doch lieber für sich. Abtswind drückt und fängt sich gleich mit der ersten kleinen Konzentrationspause das 0:1 durch Raphael Steffen ein. Abtswinds Keeper Eduard-Alin Wellmann schlägt einen Rückpass flach zentral ins Mittelfeld. „Unser Trainer Velibor Teofilovic war auch der Meinung, wenn du 500 Kreisligaspieler nimmst, findest du wahrscheinlich gerade einmal zwei solcher Granaten, die den Ball so annehmen und aus 30 Metern Vollspan ins lange Eck donnern können.“ Und Raphael Steffen klopft die Pille humorlos ins Netz. Was ein krasses Brett gleich zu Beginn.
Wieder einmal rennt Abtswind einem Rückstand hinterher und antwortet in typischer Manier. Patrick Hocks Freistoß, unangenehm vors Nordheimer Tor geschlagen, spitzelt der neue Kapitän Markus Schamberger an Gästekeeper Daniel vorbei. Auch in der Folgezeit präsentiert Abtswind Ballbesitzfußball mit viel Engagement und Drang nach vorn. Nach einer knappen halben Stunde Spielzeit verschieben sich jedoch die Gewichte deutlich zugunsten der Gäste. Nordheim, mit dem markanten Gütesiegel „Weininselteam“ beflockt, kommt nun besser in die Partie und fängt sich promt das zweite Gegentor ein. Mitten hnein in die Sturm- und Drangphase von René Braun & Kompangnons schlenzt Maximilian Heß die Pille aus 15 Metern Tordistanz unhaltbar ein. Per Vorbänder Innenpfosten prallt das Kunstleder zum 2:1 in der 37. Minute ins Nordheimer Nest.
„In der Halbzeit war die Kabine seltsam ruhig“, berichtet Abtswinds Keeper Eduard-Alin Wellmann. „Alle waren voll fokussiert auf die kommenden 45 Minuten. Wir wussten, wir müssen unbedingt nachlegen, da Nordheim offensiv immer gefährlich ist.“ Und mit Jona Riedels 3:1 kurz nach Wiederanpfiff geht ein sichtbarer Ruck durch die Heimelf. „Da fallen Säcke von den Schultern, das glaubt man nicht. Auch wenn es klar war, dass da noch keine Entscheidung gefallen war“, so Abtswinds Torwart nach Abpfiff in sichtlich gelöster Stimmung. Norheim ist angeschlagen, irritiert, bisher ein Stück weit unter Wert geschlagen für den läuferischen Aufwand, den die Truppe von Udo Braun bislang betrieben hat. „Ich kann heute nichts Schlechtes über meine Jungs sagen. Der Einsatz war da. Das Tempo hat gestimmt“, wie Nordheims sympatischer Coach analysiert. „Wir haben die Big Points einfach nicht gemacht. Ganz im Gegenteil, da war Abtswind heute effektiver, abgezockter.“
Nach Abpfiff ist Nordheims Mittelfeldmotor René Braun sichtlich unzufrieden mit dem Ergebnis. Mindestens ein Tor zu hoch, fiel der Abtswinder Sieg aus. Bis auf einen satten Fernschuss und zwei chirurgisch sezierende Steilpässe in die Sturmspitze blieb Nordheims Edeltechniker die gesamte Partie über blass, beziehungsweise voll in der Defensive engagiert. Also genau dort, wo man nie glänzen, im besten Falle eher mannschaftsdienlich rackern kann. „Das Abtswind eine starke Mannschaft besitzt, die spielerisch deutlich höher platziert sein müsste, ist doch allen klar. In unseren letzten Partien haben wir nicht ein Mal über 90 Minuten überzeugt und trotzdem gewonnen. Das man irgendwann mal einbricht, ist klar.“
„In Abtswind muss man nicht unbedingt gewinnen“, stellt auch Nordheims Trainer Udo Braun klar. Eduard-Alin Wellmann gibt ihm pflichtschuldigst recht, mit einem Smiley im rechten Grinsewinkel: „Das Ergebnis war so typisch in dieser ausgeglichenen Kreisliga: Man findet hier keine Spitzenmannschaft. Es ist aber auch kein Fallobst dabei. Und die meisten Teams sind offensiv stärker als in der Verteidigung. Ein nüchterner 1:0-Sieg hat hier Seltenheitswert.“
Postscriptum, beziehungsweise das unvermeidliche Blabla vom Spielfeldrand: Heute feierte Markus Schamberger Einstand als neu ernannter Kapitän der Abtswinder Kreisligaelf. Kurz vor Schluss wechselte ihn sein Trainer für Sturmpartner Patrick Hock ein, der prompt die Kapitänsbinde übernahm und dementsprechend ebenfalls seinen Einstand feiern kann. Der nächste Rausch ist garantiert. Und hoch die Teetassen.
Matthias Ley
Das Spiel im Überblick:
TSV Abtswind II: Eduard-Alin Wellmann – Christoph Hofmann, Janek Wendt, Sven Gibfried, Markus Golombek – Markus Schamberger – Frank Hartlehnert, Axel Zehnder, Maximilian Heß, Jona Riedel – Patrick Hock. Einwechselspieler: Eric Köhler, Mladen Grujic, Andreas Herrmann, Aljoscha Keßler, Velibor Teofilovic.
SV-DJK Nordheim/Sommerach: Daniel Leicht – Sebastian Pfeufer, André Schmidt, Pascal Herget, Bernd Biedermann – Philipp Finster, Raphael Steffen, Thomas Berthold – Rene Braun – Peter Straßberger, Matthias Pfaff. Einwechselspieler: Christopher Schmitt, Jakob Drescher, Benedikt Finster.
Schiedsrichter: Maximilian Tischer (Eßleben)
Zuschauer: ca. 75
Gelbe Karten: Markus Golombek (TSV Abtswind II) – André Schmidt (SV-DJK Nordheim/Sommerach)
Tore: 0:1 Raphael Steffen (10.), 1:1 Markus Schamberger (16., Flanke Patrick Hock, Spitzla am Torwart vorbei), 2:1 Maximilian Heß (37., satter Schuss aus 16 Metern Tordistanz mit Vorbande Innenpfosten hinein), 3:1 Jona Riedel (47., Flachschuss ins lange Eck), 4:1 Aljoscha Keßler (79., Vorarbeit Mladen Grujic, Flachpass von der Grundlinie vors Tor, Abstauber aus 43 Zentimeter Tordistanz).
Die Stimmen zum Spiel:
Velibor Teofilovic (Trainer TSV Abtswind II): „Starker Beginn meiner Truppe, und wie so oft in dieser Saison legen wir dem Gegner das erste Tor auf. Typisch für uns dieses billige Gegentor. Aber auch die Antwort war signifikant für Abtswind II, nur wenige Minuten darauf. Mit viel Engagement kommen wir zum Ausgleich und bestimmen so die erste halbe Stunde das Spielgeschehen. Taktisch wollte ich heute die zwei Norheimer Schlüsselspieler aus der Partie nehmen. Maxi Heß hat sich Rene Braun zur Brust genommen und Janek Wendt hatte es mit Raphael Steffen zu tun. Mit Ausnahme seltener Szenen ist mein Plan voll aufgegangen. Mitten in die beste Phase der Gegner gehen wir mit 2:1 in Führung. Und nach dem Seitenwechsel erhöhen wir auf 3:1. Man hat gemerkt, dass meine Jungs dann viel befreiter aufgespielt haben. Auch wenn wir in der zweiten Hälfte nicht annähernd so viel Spielanteile hatten, wie in der ersten Hälfte. Aber die Abwehr hat gegrätscht, gefightet, sich in die Zweikämpfe geschmissen. Hut ab vor meiner jungen Truppe, die noch nicht das abgerufen hat, was wirklich im Team steckt. Ich habe gesagt, Nordheim und Altbessingen sind 6-Punkte-Spiele. Wenn wir die gewinnen, klettern wir in der Tabelle weit nach oben. Wenn beide Spiele in die Hose gehen, geht es nur noch um den Klassenerhalt. Und meine Mannschaft hat die passende Antwort in der aktuell schlechten Lage nach vier Niederlagen in Folge geliefert.“
Udo Braun (Trainer SV-DJK Nordheim/Sommerach): „Vom Start weg war Abtswind aggressiver. Der Wille war unverkennbar, die Niederlagenserie vergessen zu machen. Deshalb auch meine Vorgabe, tief stehen, allerdings nicht so tief, wie meine Jungs das tatsächlich umgesetzt haben. Sonst wird es durch das schnelle Passspiel der Abtswinder zu gefährlich vor dem eigenen Kasten, vor allem bei dem nassen Platz. Wir gehen in Führung und haben dann immer das Problem, dass wir das zweite Tor nachlegen müssen. In der Regel gelingt uns das nie. Warum das so ist? Das weiß ich wirklich nicht. Ich spreche das ständig an, nachlegen, Druck machen, vor allem über Abtswinds Außenbahn, die ich als Schwachstelle ausgemacht habe, da sich bei der Truppe von Velibor Teofilovic auch die Außenverteidiger voll in der Offensive engagieren und sich hier zwangsläufig Raum für unsere Stürmer bietet. Wir wollten Druck machen, und setzen das nicht um, aber so ist das bei den jungen Mannschaften. Meine Außenspieler zogen immer wieder in die Mitte, wo es eh schon dicht besetzt war. Deshalb habe ich auch zur Pause umgestellt, um ein Zeichen zu setzen, wie ich mir eine erfolgreiche Spielweise vorstelle. Was uns das ganze Spiel über verfolgt hat, wir haben bis zum Strafraum gut kombiniert, mit hoher Laufbereitschaft, wie auch bei Abtswind, aber der letzte Pass in die Tiefe kam nicht an oder wurde abgegrätscht. Die Stürmer haben sich gut bewegt, jedoch das Zuspiel kam nicht an. Was uns eigentlich ausmacht, hat heute absolut nicht funktioniert. Bis auf ein paar Fernschüsse war meine Offensive abgemeldet. Eigentlich möchte ich nichts Negatives über meine Jungs sagen. Sie haben gekämpft, Tempo war im Spiel, sie haben Paroli geboten. Zum Schluss war Abtswinds Sieg verdient. Aber hier muss man nicht gewinnen. Wir haben die Big Points einfach nicht gemacht. Ganz im Gegenteil, da war Abtswind heute effektiver, abgezockter. Trotz Tabellenplatz zwei geht es für uns primär um den Klassenerhalt. Wieso ich René Braun auf die Sechserposition gestellt habe? Ich sehe ihn eher direkt hinter den Spitzen. Aber er meint, vor der Abwehr ist er besser aufgehoben. Vielleicht müssen wir das noch mal intern diskutieren.“
Eduard-Alin Wellmann (Torwart TSV Abtswind II): „Im Nachhinein hätte ich lieber den Rückpass vor dem 0:1 ins Aus gedroschen, statt den Ball mitten in die Mitte zu schlagen. Dann fällt das Ding genau dem richtigen Nordheimer vor die Füße. Unser Trainer Velibor Teofilovic war auch der Meinung, wenn du 500 Kreisligaspieler nimmst, findest du wahrscheinlich gerade einmal zwei solcher Granaten, die den Ball so annehmen und aus 30 Metern Vollspan ins lange Eck donnern können. Fussballerisch waren wir schon besser, aber Nordheim hat vorne unbestreitbar seine Qualitäten. Die sind immer für ein, zwei Treffer gut. Mit der 2:1 Führung in der Kabine war die Stimmung recht ruhig, voll fokussiert auf die zweite Hälfte. Als wir dann kurz nach dem Seitenwechsel das 3:1 gemacht haben, da sind schon ein paar Säcke von den Schultern gefallen. Aber auch mit zwei Toren in Front war die Partie noch längst nicht gelaufen. Bei dem schmierigen Platz bin ich heute voll auf Nummer sicher gegangen. Lieber Doppelfaust, als einen Öpfel zu bekommen. Der Sieg war heut Balsam für die Seele. Ich kenne die anderen Ergebnisse zwar nicht, aber wenn wir heute verloren hätten, wären wir voll im Abstiegskampf gewesen. Der Trainer hat das auch so angesprochen. Das sind 6-Punkte-Spiele gegen Norheim heute und demnächst gegen Altbessingen. Wenn wir die erfolgreich bestreiten, dann ist noch alles drin. Typisch in dieser ausgeglichenen Kreisliga: Man findet hier keine Spitzenmannschaft. Es ist aber auch kein Fallobst dabei.“
René Braun (defensiver Mittelfeldspieler SV-DJK Nordheim/Sommerach): „Heute hat unser Spiel insgesamt nicht so funktioniert, wie in den letzten Spielen. Das Abtswind eine starke Mannschaft besitzt, die spielerisch deutlich höher platziert sein müsste, ist doch allen klar. In unseren letzten Partien haben wir nicht ein Mal über 90 Minuten überzeugt und trotzdem gewonnen. Das man irgendwann mal einbricht, ist klar. Abtswind steht zu unrecht im Tabellenkeller. Durch den Sieg bekommt die Truppe jetzt bestimmt Auftrieb und greift noch einmal oben an. Für uns ist wichtig, dass wir bis zur Winterpause genügend Punkte gegen den Abstieg holen. Auch wenn sich das seltsam anhört, wenn man als Tabellenzweiter beim Drittletzten spielt. Unsere taktische Marschroute war, gegen Abtswind vorne drauf zuschieben, den Ball vom eigenen Tor fernzuhalten. Allerdings werden dann die abzudeckenden Räume groß, worauf Abtswind ja nur gewartet hat, und dann wird es schwierig, gegen diese Spieler zu verteidigen. Grundsätzlich spiele ich diese Saison eher auf der Sechserposition, wobei ich natürlich eher defensiver gefordert bin. Mir ist es egal, wo mich der Trainer aufstellt, defensiv oder direkt hinter den Spitzen. Ich spiele da, wo ich gebraucht werde. Hauptsache ich darf spielen.“
Am 0:1 nicht ganz unmaßgeblich beteiligt – *hüstel* – aber danach mehrmals per Faustabwehr auf Nummer Sicher: Edurad-Alin Wellmann