Deutlich mehr Spielzeit als im Vorjahr auf ungewohnter Position

Erneute Berufung zur moldawischen Nationalmannschaft

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Am Freitagabend starteten die Abtswinder Fußballer in Kornburg in die restliche Runde. Überraschend nicht im Kader war Vladislav Ursu. Doch das hatte einen besonderen Grund: Der gebürtige Moldawier wurde zur Nationalmannschaft berufen. Schon als er noch für die Würzburger Kickers am Ball war, kickte er für die Auswahl seines Heimatlandes. Am Samstag möchte er nun in Grün-Weiß wieder angreifen.

Vladislav Ursu ist stolz. Der 20-Jährige ist nicht nur für den TSV Abtswind am Ball, sondern auch für Moldawien. Für den Offensivspieler ist es eine „sehr große Ehre und ein absoluter Traum“ für das Land zu spielen, aus dem er mit zwölf Jahren nach Deutschland kam. Schon damals gab es für den Nachwuchskicker nur ein Ziel: „Ich wollte schon immer Fußballprofi werden.“ Im Kindergartenalter begann er in seiner Heimatstadt Chisinau beim FC Zimbru mit dem Fußball spielen.

Mit zwölf Jahren nach Deutschland gekommen

Im Winter 2014 entschieden seine Eltern dann, nach Deutschland zu emigrieren, erhofften sich hier ein besseres Leben. Für den jungen Vladislav stand es außer Frage, sich frühzeitig um einen neuen Verein zu kümmern. Durch Zufall entstand dann der Kontakt zu den Würzburger Kickers. „Ich hatte versehentlich die Nummer eines Freundes gewählt, der kurz zuvor mit seiner Familie ausgewandert war. Unsere Eltern sind ins Gespräch gekommen und wenig später hatte ich die Zusage für ein Probetraining“, erinnert er sich. Andreas Süßmeier, damals Coach der U12, lud ihn ein und Vladislav überzeugte prompt.

„Wir sind im Dezember 2014 extra nach Deutschland gefahren. Eigentlich sollte ich dreimal mittrainieren, aber zwei Einheiten sind witterungsbedingt ausgefallen. Doch ich konnte meine Chance nutzen“, bekam Vladislav Ursu die Zusage für die Saison 2015/16 in der U12 der Rothosen. Im Juni 2015 wagte die Familie dann den Schritt nach Deutschland, wohnte erst in Kitzingen, ehe sie drei Monate später an den Würzburger Heuchelhof zog.

Vladislav Ursu versteht kaum ein Wort

Eine schwere Zeit für den damals Zwölfjährigen. Schließlich sprach er kaum Englisch und noch weniger Deutsch. Die Sprache war für ihn eine große Barriere. Erst die Versetzung von der Übungsklasse in eine normale Klasse verbesserte seine Kommunikationsfähigkeit deutlich. „Ich habe fast mit niemandem gesprochen. Egor hat mir sehr viel geholfen“, blickt er zurück. Gemeint ist Egor Zelenskiy, der heute wie damals zusammen mit Vladislav Ursu zusammenspielt und einer seiner besten Freunde ist.

Seine sportliche Heimat wird der Würzburger Dallenberg

Am Dallenberg hatte der Moldawier seine sportliche Heimat gefunden. Er spielte in der U14-Förderliga gegen alle Nachwuchsteams der bayerischen Bundesligisten. In der U15 feierte er die bayerische Meisterschaft. Doch der Weg dahin war kein leichter. „Ich habe zu Beginn meine Mitspieler kaum verstanden, auch die Anweisungen nicht. Es gab immer wieder Missverständnisse. Das wurde aber mit der Zeit besser“, erzählt er. Besonders dankbar ist er seinem ersten Trainer, Carsten Breunig, der ihn immer wieder zur Seite nahm, ihm sehr viel erklärte und sehr viel Geduld bewies.

Auch dessen Nachfolger Johannes Väth, Hans-Jürgen Heidenreich und Dominik Lang setzten auf ihn. Vladislav Ursu durchlief bis zum ersten U19-Jahr alle NLZ-Teams der Rothosen. Doch seine Eltern entschieden sich, nach Moldawien zurückzukehren. Eine herbe Enttäuschung für den 17-Jährigen, der daraufhin bei seinem Jugendverein mittrainierte, aber nach einem neuen Verein suchte. Nach etlichen Probetrainings wurde er in Italien fündig. Zum Einsatz kam er aber aufgrund von Passproblemen nicht. Eine schwierige Zeit für den Offensivspieler.

Tor gegen Regensburg als Gamechanger

Nach einem halben Jahr kehrte er dann zurück nach Deutschland und in den Nachwuchs der Würzburger Kickers, nachdem sein Vater die im Sommer getroffene Entscheidung revidiert hatte. Allerdings war das Transferfenster bereits verstrichen und Vladislav Ursu durfte nur mittrainieren. Aber auch unter Dominik Langs Nachfolger Salvatore D’Andrea spielte er kaum und kam nur selten zum Einsatz. Erst die Partie gegen Jahn Regensburg Anfang Oktober wendete das Blatt zum Guten. „Es stand 0:0, als ich in der 73. Minute eingewechselt wurde. Kurz vor Schluss habe ich zum 1:0 getroffen und wir das Spiel gewonnen. Das hat vieles zum Positiven verändert“, erinnert sich der Würzburger noch genau an die Partie.

Fortan gehörte er zum Stammpersonal der Mannschaft, durfte bei den Profis der Rothosen mittrainieren und gehörte mehrmals zum Regionalliga-Kader. Zudem wurde er erstmals offiziell für die U21 seines Heimatlandes nominiert. „Damals war ich eine Woche in Moldawien und wir haben in Baku ein Freundschaftsspiel gegen Aserbaidschan bestritten. Das war unglaublich, das Trikot meines Landes überzustreifen“, blickt er zurück.

Claudiu Bozesan holt Vladislav Ursu nach Abtswind

Alles schien wie am Schnürchen zu laufen. Doch der Fußball war nicht immer mit dessen schulischen Pflichten vereinbar, weil die Trainingseinheiten der Profis meist vormittags stattfanden. Zeitweise fanden Schule und Verein eine Lösung, aber nicht für die ganze Saison. So trainierte er die letzten Saisonwochen nur noch mit der U19 und bekam von den Würzburger Kickers kein Vertragsangebot. „Das hat mich sehr getroffen“, war der Moldawier sehr enttäuscht ob der Entwicklungen am Dallenberg.

Diese öffneten jedoch die Türe für den TSV Abtswind. Schon im Frühjahr hatte Claudiu Bozesan Kontakt aufgenommen, sich zunächst aber eine Absage eingehandelt. „Ich bin froh, dass er mir trotz des späten Zeitpunkts noch eine Chance gegeben hat. Ich habe dann gleich im ersten Training überzeugt. Das hat sehr gut getan. Ich habe Vertrauen gespürt“, so Vladislav Ursu, der dann im Sommer 2023 ins Kräuterdorf wechselte. Dort kam er in seiner ersten Spielzeit aber nur 21 Mal zum Einsatz, 16 Mal in der Bayernliga-Mannschaft, fünfmal in der Reserve.

Hohe Erwartungen mit Verzögerung erfüllt

„Meine Erwartungen waren sehr hoch. Aber Herrenfußball ist anders als Juniorenfußball. Ich musste mich erst an das Niveau gewöhnen“, ist der 20-Jährige ehrlich. Vor allem musste er seinen Spielstil anpassen und vor allem zweikampfbetonter spielen. Auch hatte und hat er auf seiner Position starke Mitspieler. „Die Jungs bringen immer Leistung. Da musste ich mich hinten anstellen. Das war nicht immer leicht. Es ging mir auch nicht immer gut damit, dass ich so wenig gespielt habe“, haderte Vladislav Ursu.

Aber Aufgeben kam für den Würzburger nicht in Frage – und das zahlt sich in dieser Saison aus. Zwar hat sich die Konkurrenzsituation nicht verändert, doch er spielt deutlich mehr als in der vergangenen Spielzeit. Meist in vorderster Front. 13 Mal kam Vladislav Ursu zum Einsatz, im letzten Spiel vor der Winterpause gegen den ASV Neumarkt erstmals über 90 Minuten, und erzielte dabei einen Treffer. „Ich spiele dort, wo der Trainer mich aufstellt. Ich gebe immer mein Bestes und ich weiß, was ich kann. Die Mannschaft kann sich immer auf mich verlassen“, gibt er sich selbstbewusst. Daher sei er auch mit einem guten Gefühl in die Winterpause gegangen.

„Es macht richtig Bock mit den Jungs“

Nach guter Vorbereitung und der Zeit bei der Nationalmannschaft möchte er nun auch in der Bayernliga wieder angreifen. „Im Fußball gibt es immer Höhen und Tiefen. Aber vor allem aus Fehlern lernt man. Wir haben uns in den vergangenen Wochen nochmals weiterentwickelt. Das möchten wir jetzt auch auf dem Platz zeigen. Ich kann es kaum erwarten. Es macht richtig Bock mit den Jungs“, sprüht Vladislav Ursu nur so vor Tatendrang. Denn sein Ziel ist es, möglichst weit oben zu landen, um Zuschauer und Fans stolz zu machen.

Alexander Rausch