Nach einem Platzverweis erlebt der Tabellenführer dreizehn schwarze Minuten
TSV Unterpleichfeld – TSV Abtswind 4:1 (0:1)
Irgendwann musste es ja passieren, aber die Art und Weise der ersten Saisonniederlage am siebten Spieltag sorgte im Lager des TSV Abtswind dann doch für Unverständnis. Nach einer Gelb-Roten Karte zerfiel der Tabellenführer und kassierte in dreizehn Minuten alle vier Gegentreffer von einem einzigen Angreifer. Wie im Vorjahr erwies sich Unterpleichfeld als schlechtes Omen, als nach eigener Führung der Gegner das Spiel in die andere Richtung bog.
Das nennt man dann wohl Déjà-vu: In Unterpleichfeld gibt es für Abtswind einfach nichts zu holen. Und wie sich die Spiele dabei gleichen: Vor einem Jahr ging die Elf von Petr Skarabela in der ersten Halbzeit in Führung. Das 1:0 hielt bis weit in den zweiten Durchgang. Dann glichen die Hausherren nach einem Platzverweis aus und erzielten in Unterzahl (!) den Siegtreffer. Diesmal musste auch ein Akteur vom Feld. Mit Peter Mrugalla bekam die Strafe allerdings ein Abtswinder. Nach Gelb-Rot für den kürzlich genesenen Flügelläufer ging es dahin mit den Vorsätzen und der Ordnung. Alles war hinfällig, und umso herber gedieh die Niederlage. „Wir sind förmlich zusammengebrochen“, musste Trainer Skarabela mit Schrecken feststellen. Nicht mal eine Viertelstunde dauerte es, bis Unterpleichfeld viermal zugeschlagen hatte. Fünf Tage zuvor im Pokalwettbewerb gegen den Bayernligisten Viktoria Aschaffenburg wollte Abtswind ein 1:4 zur Pause nicht auf sich sitzen lassen und versuchte sich an der Aufholjagd, die unterm Strich nicht von Erfolg gekrönt war, bei der die Mannschaft aber viel Gutes aus sich herausholte und sich allen Respekt verdiente.
Das in Unterpleichfeld war aber ein anderes 1:4. Für ein Aufbäumen war es nach 78 Minuten zu spät. Der Kern des Übels lag in den Minuten nach dem Ausgleich. Ein 1:1 in Unterzahl zu verteidigen, wäre für Abtswind kein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Und vielleicht, ja vielleicht hätte ein Geniestreich dann sogar den Siegtreffer bringen können. So kam es aber nicht, weil die Mannschaft von Konfusion regiert wurde. Die Gastgeber hatten im zweiten Durchgang vier Chancen, keine mehr und keine weniger, und alle vier fanden den Weg ins Ziel. Jedes Mal hieß der Schütze Marcial Weisensel. Der Einsatz des bald 27-Jährigen war auf der Kippe gestanden. Probleme mit der Achillessehne machten ihm zu schaffen, die mit Physiotherapie in den Griff zu kriegen waren. Jedenfalls schränkte die Verletzung den Bewegungsdrang des Offensivmannes augenscheinlich nicht ein. Weisensel, mit acht Treffern nunmehr auf Platz eins der Torschützenliste, stand oder lief immer dort, wo er seiner Bestimmung nachgehen konnte. Abtswind machte es ihm aber auch zu einfach.
Schmerz, lass nach: Abtswinds Kapitän Michael Herrmann hat es bei einem Foulspiel hart getroffen.
„Der Gegner ist einfach durchgekommen“, bemängelte Schlussmann Julian Schneider, der dabei rein gar nichts verhindern konnte und in den dreizehn Minuten häufiger hinter sich greifen musste als in sechs Ligaspielen zuvor. Den von Mathias Brunsch an André Schmitt verschuldeten Elfmeter wehrte Schneider gegen Weisensel zunächst ab, der Nachschuss aber saß. Bis zu Mrugallas Platzverweis in der 64. Minute konnten sich die Gäste nichts nachsagen lassen. Die Führung durch Daniel Endres kam daher, dass Pascal Kamolz wie schon vor einer Woche beim 1:0-Sieg gegen Kleinrinderfeld in einen Rückpass spurtete. Unterpleichfelds Dominik Oßwald geriet der Ball viel zu kurz, als dass Keeper Stefan Kraus ihn wegschlagen konnte. Kamolz legte uneigennützig quer, und Endres schob ein (25. Minute). Weitere Möglichkeiten ergaben sich vor allem bei Ecken: Adrian Dußler kam völlig frei zum Kopfball und nötigte Stefan Kraus eine Glanztat ab (12.). Als Steffen Barthel von der anderen Eckfahne hereinflankte, fehlte dem Volleyschuss von Pascal Kamolz nicht viel (30.).
„Die Standards sind gut gekommen“, fand Petr Skarabela etwas Positives am Auftritt seines Teams. „Mit dem zweiten und dritten Treffer hätten wir das Spiel in der ersten Halbzeit entscheiden können.“ Von Marcial Weisensel war währenddessen nichts zu sehen. Die vereinzelten Offensivaktionen der zuvor dreimal siegreichen Platzherren gingen von anderen aus, von Andreas Zehner und André Schmitt. Zwanzig Minuten nach der Pause ging es zwar verbissen zur Sache, mit gesteigerter Intensität der Unterpleichfelder, aber aufregend wurde es weder im einen noch im anderen Strafraum. „Durch frühes Attackieren wollten wir Abtswind von unserer Box fernhalten“, lautete der Matchplan von Unterpleichfelds Trainer Thomas Redelberger, dessen Team im Juli gegen Abtswind aus dem Pokal ausgeschieden war. „Vielleicht lag darin auch unser Vorteil, dass Abtswind unter der Woche ein Spiel hatte.“ Zumal unter anderem die Stammkräfte Nicolas Wirsching (Urlaub) und Frank Hartlehnert (Adduktorenprobleme) ausfielen. In der kommenden Trainingswoche vor dem Heimspiel am Samstag gegen den TSV Karlburg wird die Analyse der Niederlage ein Thema sein: „Wir werden in Ruhe miteinander sprechen und das Ganze aufarbeiten“, sagte Torhüter Julian Schneider, um eines deutlich zu machen: „Wir müssen nicht in Hektik verfallen und alles in Frage stellen.“
Michael Kämmerer
Da hilft nur noch Stochern: Abtswinds Daniel Endres (links) will gegen die Unterpleichfelder Andreas Zehner und Adrian Hatcher (rechts) irgendwie am Ball bleiben.
Das Spiel in der Statistik
TSV Unterpleichfeld: Stefan Kraus – Andreas Flockerzi, Nino Wagner, Dominik Oßwald, Julian Horn – Kevin Dees (52. Johannes Göbel), Andreas Zehner, Marcial Weisensel (83. Felix Klein), Adrian Hatcher (73. Ulrich Scheidel) – Leon Vollmuth, André Schmitt.
TSV Abtswind: Julian Schneider – Michael Herrmann, Mathias Brunsch, Adrian Graf, Przemyslaw Szuszkiewicz – Adrian Dußler – Peter Mrugalla, Steffen Barthel, Philipp Hummel (64. Jona Riedel) – Daniel Endres (86. Julian Beßler), Pascal Kamolz.
Schiedsrichter: Niels Venus (Heilsbronn); Assistenten: Werner Lutz (Geslau), Patrick Lohwasser (Lichtenau).
Zuschauer: 250.
Gelbe Karten: Kevin Dees (Unterpleichfeld); Mathias Brunsch, Jona Riedel (Abtswind).
Gelb-Rote Karte: Peter Mrugalla (Abtswind, 64., Foulspiel).
Tore: 0:1 Daniel Endres (25.), 1:1 Marcial Weisensel (65.), 2:1 Marcial Weisensel (70.), 3:1 Marcial Weisensel (72.), 4:1 Marcial Weisensel (78.).
Besonderheit: Julian Schneider (Abtswind) hält Foulelfmeter von Marcial Weisensel (72.).
Stimmen zum Spiel
Petr Skarabela (Trainer TSV Abtswind): „Wir sind mit dem Platzverweis und dem Ausgleichstreffer förmlich zusammengebrochen. Das ist unverständlich. Auch mit zehn Mann hätten wir hinten gut stehen können, um den einen Punkt mitzunehmen. Nach drei Siegen in Folge hatten die Unterpleichfelder Selbstvertrauen. Mit dem Glauben ans Gewinnen haben sie es uns in der zweiten Halbzeit gezeigt, auch wenn sie spielerisch nicht so stark waren wie wir. Vor Marcial Weisensel habe ich gewarnt, dass er der einzige beim Gegner ist, der das Spiel entscheiden kann. Ausgerechnet er macht alle vier Tore. Die kleine Ersatzbank war nicht ausschlaggebend. Die Elf auf dem Platz wären in der Lage gewesen, den Sieg mitzunehmen. Wenn man sieht, dass wir letztes Jahr nach einer Führung auch schon verloren haben, frage ich mich, ob der Platz in Unterpleichfeld verhext ist.“
Thomas Redelberger (Trainer TSV Unterpleichfeld): „Das ist ein Ergebnis, das im Normalfall nicht eintritt, vor allem nicht nach Rückstand. Wie im Vorjahr haben wir es geschafft, ein 0:1 zu drehen. Von Anfang an haben wir gezeigt, dass wir wahnsinnig mutig waren. Wir haben viel attackiert und waren schon vor der Mittellinie aggressiv, statt uns weit zurückzuziehen. Dadurch haben wir Strafraumszenen verhindert. Abtswind hatte daher aus dem Spiel heraus keine großen Chancen. Die Standards waren gefährlich. Da hatten wir Glück. Gegen die Qualität der Abtswinder haben wir herausragend verteidigt. Ich kann mit Stolz behaupten, dass es uns gelungen ist, den Tabellenführer zu knicken. Abtswinds Körpersprache in der zweiten Halbzeit hat für uns gesprochen. In den Minuten nach dem Platzverweis haben wir richtig Schwung mitgenommen. Nach dem Ausgleich wollten wir mehr. Das ist belohnt worden.“
Julian Schneider (Torhüter TSV Abtswind): „Vier Gegentore in einem Spiel sind richtig happig, und dann auch noch innerhalb von dreizehn Minuten. Ich kann mich nicht erinnern, dass mir das in der Regionalliga mal passiert ist. Wir sind nach dem Ausgleich richtig eingebrochen. Uns ist das Spiel entglitten. Jeder hatte mit sich selbst zu tun. Das war planlos und durcheinander. Ich hatte das Gefühl, wir waren vom Kopf her nicht stabil genug, um uns zusammenzureißen. Das ist verwunderlich und ärgerlich. Die Gelb-Rote Karte und der prompte Ausgleich hätten uns egal sein müssen. Dann wäre in den Schlussminuten immer noch was für uns möglich gewesen. Das Bittere war, dass die Unterpleichfelder immer durchgekommen sind, über außen oder durch die Mitte. Sonst gab es nicht viel zu halten. In Haibach haben wir es gut gemacht und ein 0:2 in einen Sieg gewandelt. Da hat uns die Halbzeitpause geholfen, um uns neu zu sortieren. Dass wir auch mal verlieren würden, war klar. Die Art und Weise muss uns zu denken geben.“
Auf Augenhöhe mit dem Objekt der Begierde: Abtswinds Adrian Dußler.
Viele Bilder vom Spiel in Unterpleichfeld gibt es in einer Fotoserie.
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