Das Kollektiv erlaubt sich keine Schwachstelle, weil ein Trio mit individueller Klasse brilliert
TSV Abtswind – DJK Schwebenried/Schwemmelsbach 4:0 (3:0)
Wer hätte ahnen können, dass Abtswind und Schwebenried/Schwemmelsbach am zehnten Spieltag punktgleich aufeinandertreffen? Für die einen war es bis dahin zu wenig, für die anderen mehr als gedacht. Trotzdem wurde es kein Duell auf Augenhöhe. Zu deutlich traten die Unterschiede zutage. Gästetrainer Mario Schindler, ein ehemaliger Abtswinder, wurde von den früheren Mitspielern und Zuschauern herzlich empfangen.
In Freundschaftsspielen geht es normalerweise nicht um drei Punkte. Zwischen Abtswind und Mario Schindler ist das anders. Während Trennungen mancherorts im Unfrieden enden, ist man sich selbst über die Distanz verbunden geblieben. Nach fünf erfolgreichen Jahren im Trikot des TSV Abtswind, zum Schluss mit der Kapitänsbinde am Arm, war Schindler 2012 zur fusionierten DJK Schwebenried/Schwemmelsbach in die Bezirksliga gegangen, um seine erste Trainerstelle anzutreten. Der Kontakt zur alten Wirkungsstätte war seither nicht abgerissen, doch es dauerte bis vergangenes Jahr, ehe man sich als Konkurrenten begegnete. Schwebenried/Schwemmelsbach, der Verein zweier Dörfer, die gemeinsam nicht viel größer sind als Abtswind, war aufgestiegen und gehört seitdem zu den Besten im bayerischen Nordwesten.
In seiner ersten Landesliga-Spielzeit überließ Schwebenried alle Zähler dem großen Favoriten. Diesmal aber wollte Schindler mehr. Das lag auch an der Vorgeschichte: Abtswind, punktgleich mit dem Gegner, stand nach drei sieglosen Spielen am Stück unter Erfolgsdruck. „Unter Druck lässt sich schwieriger spielen“, glaubte der 39 Jahre alte gebürtige Schweinfurter. „Das war für mich ein Ansatzpunkt.“ Stattdessen erstickten Schwebenrieds Ansätze frühzeitig im Keim. Das hatte seine Gründe. „Bei uns gab es keine Schwachstelle“, sagte Abtswinds Trainer Petr Skarabela nach dem zweifellos souveränen 4:0-Erfolg seiner Mannschaft. In den Anfängen seiner Amtszeit hatte der 48-Jährige darauf verzichtet, einzelne Akteure herauszustellen. Das jüngste Spiel hatte dem Übungsleiter nach einigen Wochen des Darbens auch von den individuellen Qualitäten augenscheinlich so sehr gefallen, dass er deutlich wurde: Nicolas Wirsching, Steffen Barthel und Jürgen Endres hatten nach Skarabelas Dafürhalten ihre Sache besonders gut gemacht.
Auf Barthel und Endres kam es ganz speziell an. Die beiden waren aus der Not heraus in Sonderrollen geschlüpft. Abtswind hatte nämlich keinen Angreifer mehr im Aufgebot, als Peter Mrugalla beim Warmlaufen feststelle, dass ihm eine Leistenzerrung aus dem Training mehr Schmerzen bereitete als erhofft. Pascal Kamolz fehlte ohnehin wegen einer Urlaubsreise. Also stellte Skarabela zwei offensive Mittelfeldleute in den Sturm. Dass Endres weiß, wo das Tor steht, hatte er in der Vergangenheit hinlänglich bewiesen: Mit dreizehn Treffern war er in der Vorsaison Abtswinds erfolgreichster Schütze. Und auch Barthel, der Emporkömmling aus der Bezirksliga, hatte schon gezeigt, was als Vollstrecker in ihm steckt. Nicht umsonst schoss er sich diese Saison an die Spitze der Torjägerliste.
Auf Endres und Barthel war auch diesmal Verlass. Früh lenkten sie das Spiel in die richtige Richtung. Jürgen Endres kam mit dem ersten Angriff in den Strafraum und sorgte, gefoult von Schwebenrieds Sebastian Heinlein, für den Elfmeter. Der blieb zwar Przemyslaw Szuszkiewicz vorbehalten, doch nach Nikolas Herolds Parade schob Steffen Barthel den Nachschuss zum Abtswinder 1:0 hinterher (4. Minute). Den guten Auftakt machte Nicolas Wirsching perfekt. Auf Zuspiel von Jonas Wirth beförderte er nur eine Minute später den Ball ins untere Eck. Das Tor zum 2:0 war die gelungene Co-Produktion der beiden Männer auf der Sechserposition. Wahrscheinlich wäre Wirsching nie so weit nach vorne gestoßen, hätte er seiner angedachten Bestimmung folgen müssen. Erst wegen Mrugallas Verletzung rückte er kurz vor dem Anpfiff von der Innenverteidigung ins defensive Mittelfeld. Auch beim dritten Abtswinder Treffer zeigte Wirsching sein ganzes Können, zog zum Tor und legte auf für Jürgen Endres (34.). „Leider kann man Nici nicht klonen. Er ist gut im Mittelfeld und gut in der Innenverteidigung“, stellte Petr Skarabela fest. „Er spielt die ganze Runde auf einem hohen Niveau. Nicht umsonst war er bei den Würzburger Kickers in der Regionalliga.“
Wie so oft, wenn Abtswind diese Saison in die Gänge kam, war die Partie schon zur Pause entschieden. Immer dann wurde es eine deutliche Angelegenheit. Da spielte es keine große Rolle, dass Thilo Wilke im ersten Durchgang zweimal allein aufs Tor rannte und die Chancen freizügig vergab. In der 65. Minute schlug sein Schuss doch noch oben im Eck ein, zum 4:0. Abtswinds Spiel lief so flüssig wie der Dauerregen, der vom Himmel fiel. Dass eine ideenreiche Eckenvariante Schwebenrieds Thomas Cäsar in gute Schussposition brachte (17.) – geschenkt. Genauso wie ein Kopfball des freistehenden Jens Rumpel (71.). Man musste Chancen der Gäste schon sehr genau suchen. Die beste, wenngleich dem Zufall geschuldet, gab es nach einem Freistoß Thomas Cäsars. Abtswinds Torhüter Florian Warschecha bekam den klatschnassen Ball nicht richtig zu fassen, doch Mitspieler Daniel Hämmerlein klärte im Fallen auf der Linie (84.). „Ich hatte mich gefreut, dass ich mal wieder nach Abtswind komme“, sagte Mario Schindler. Nach dem Schlusspfiff war ihm erst einmal nicht zum Lachen zumute. Doch für den Rest des Abends stellte er seine gemütliche Seite in Aussicht. „Man kann sich neunzig Minuten bekämpfen, dann ist auch wieder gut. Da bin ich nicht nachtragend“, sagte Schindler mit Blick auf die früheren Kameraden, die kommendes Wochenende spielfrei sind. „Wir trinken heute noch was gemeinsam.“ In Ligaspielen geht es manchmal eben um mehr als nur drei Punkte.
Michael Kämmerer
Das Spiel in der Statistik
TSV Abtswind: Florian Warschecha – Michael Herrmann (64. Jonas Riedel), Daniel Hämmerlein, Adrian Graf, Przemyslaw Szuszkiewicz – Jonas Wirth, Nicolas Wirsching, Thilo Wilke (85. Frank Hartlehnert), Carl Murphy – Jürgen Endres, Steffen Barthel (79. Jörg Otto).
DJK Schwebenried/Schwemmelsbach: Nikolas Herold – Sebastian Heinlein (75. Alexander Herchet), Thomas Cäsar, Bastian Full, Pascal Stürmer – Oliver Mützel, Felix Zöller, Yannick Deibl (75. Justin Michel), Manuel Weißenberger – David Fleischmann (75. Daniel Kasper), Jens Rumpel.
Schiedsrichter: Phillip Milton (Nürnberg); Assistenten: Simon Gottschalk (Hedersdorf), Jonathan Kassa (Nürnberg).
Zuschauer: 120.
Gelbe Karten: Nicolas Wirsching (Abtswind); Jens Rumpel, Oliver Mützel, Justin Michel, Bastian Full (Schwebenried/Schwemmelsbach).
Tore: 1:0 Steffen Barthel (4.), 2:0 Nicolas Wirsching (5.), 3:0 Jürgen Endres (34.), 4:0 Thilo Wilke (65.).
Besonderheit: Nikolas Herold (Schwebenried/Schwemmelsbach) hält Foulelfmeter von Przemyslaw Szuszkiewicz (4.).
Stimmen zum Spiel
Petr Skarabela (Trainer TSV Abtswind): „Ich muss drei Spieler herausheben, die überragend waren: Nici Wirsching, Steffen Barthel und Jürgen Endres. Auch sonst ist keiner mit seiner Leistung abgefallen. Wir haben alles richtig gemacht. Der Sieg war enorm wichtig und richtungsweisend. Uns ist der Befreiungsschlag gelungen. Die Mannschaft hat bewiesen, dass sie lebt. Mit zwei Treffern haben wir einen perfekten Start hingelegt. Das ist lange nicht mehr passiert. Die Leistung war sehr gut und konzentriert. Wir haben unsere siegreichen Spiele meistens in der ersten Halbzeit entschieden. Das hat sich heute bestätigt. Wegen der Verletzung von Peter Mrugalla haben wir umgestellt. Es hat sich gezeigt, dass wir auch ohne gelernten Stürmer mit zwei, drei guten offensiven Mittelfeldspielern stark nach vorne agieren. Ich hatte ein gutes Gefühl, dass wir zurück zum Erfolg finden. Die Liga ist sehr ausgeglichen. Für uns ist alles wieder möglich.“
Mario Schindler (Trainer DJK Schwebenried/Schwemmelsbach): „Der Sieg war überaus verdient. Zum Glück ist das Spiel nur 4:0 ausgegangen. Zwischendurch bekam ich Befürchtungen, uns könnte es so ergehen wie Fuchsstadt beim 2:9 gegen Abtswind. Wir sind sehr schlecht ins Spiel gekommen. Dann war es schwer umzusetzen, was wir uns vorgenommen hatten. Auch wenn ich Abtswind durch meine Zeit hier liebgewonnen habe, ist das Ergebnis enttäuschend. Ich hatte mir etwas ausgerechnet. Abtswind stand unter Zugzwang. Unter Druck lässt sich schwieriger spielen. Das war für mich ein Ansatzpunkt. Die Abtswinder haben das hervorragend gelöst. Unter der Woche muss ich mit meinen Spielern reden. Das war nicht in Ordnung, was wir geliefert haben. Das war keine Landesliga-Leistung. Dafür muss ich mich fast schon entschuldigen. Letzte Woche beim 2:1-Sieg gegen Karlburg haben wir uns ganz anders präsentiert. Ich bin ziemlich sauer.“
Nicolas Wirsching (Abtswinder Torschütze und Vorlagengeber): „Wir haben von Beginn an in die Zweikämpfe gefunden. Jeder hat für jeden alles gegeben. Dass Peter Mrugalla wegen einer Verletzung kurzfristig ausgefallen ist, war unglücklich. Für mich war das von Vorteil, weil ich von der Verteidigung ins Mittelfeld gerutscht bin, wo ich mich wohler fühle. Hier hat es heute recht gut funktioniert. Unser grundsätzliches Problem war in den letzten Spielen unsere Chancenverwertung. Aber so schlecht, wie mancher uns gesehen hat, waren wir nicht. Jetzt sind wir wieder in der Spur.“
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